Mit lautem Punk, Indierock-Melodien und souligen Stimmen mit Beatboxing-Einlagen begeisterten die vier Bands, die sich im Rahmen des Girls Rock Camp NÖ gegründet haben, das Publikum in der Wiener Neustadt am vorletzten Samstag. Die Teilnehmerinnen haben in knapp einer Woche Bands gegründet, eigene Songs geschrieben und sich mit neuen Instrumenten vertraut gemacht. Die fünf Organisatorinnen des Camps erzählen.

Missy Magazine: Wie ist das Rock Camp NÖ entstanden?
Ulli Mayer: „…and then I also taught as a drum teacher at the girls rock camp in Portland, Oregon“, erzählte mir Janet Weiss von Sleater Kinney in einem Interview vor knapp sechs Jahren. Da fängt die Geschichte des Girls Rock Camp NÖ an. Inspiriert und motiviert von den eigenen Erfahrungen beim Willie Mae Rock Camp for Girls in New York und von Erzählungen der Girls Rock VeranstalterInnen aus Graz, haben wir „pink noise“ gegründet, einen Verein zur Förderung feministisch-popkultureller Aktivitäten. Im Frühjahr 2011 haben wir dann mit den Vorbereitungen für das Camp begonnen, das nun zum ersten Mal in Niederösterreich stattgefunden hat. Unser Ziel ist es, an Alternativen zu männlich dominierten Jugendkulturen zu arbeiten und junge musikinteressierte Frauen darin zu unterstützen, selbst aktiv zu werden.

Was hat das Camp den Teilnehmerinnen geboten?
Sara Paloni: Beim Girls Rock Camp gab es über eine Woche lang Bandcoaching-Einheiten, offene Proberäume, Workshops und Filmabende. Am letzten Abend gab es ein Abschlusskonzert mit den Bands, welche die Mädchen zu Beginn der Woche gegründet hatten. Musik und vor allem Musik-Machen standen natürlich beim Camp im Mittelpunkt: Die Nachmittage waren deshalb ganz den Bands gewidmet, die jeweils von zwei Musikerinnen betreut wurden. Es gab allerdings auch an zwei Abenden „offene Proberäume“, wo die Mädchen jammen oder ihre Songs üben konnten. Musik ist aber mehr als nur die Produktion von Sound, sondern Teil von Jugend- und Popkultur, über Musik werden Lebensweisen angeeignet und Identität hergestellt. Mit diesem umfassenden Programm haben wir versucht, diese Breite von Musik zu vermitteln. Die Workshops wurden von Frauen aus ganz verschiedenen Musikszenen, Kunstbereichen und der Jugend- und Mädchenarbeit geleitet. Die unterschiedlichen Hintergründe waren sehr bereichernd, weil das auch eine große Bandbreite an Zugängen zu Musik und Popkultur bedeutet. Trotz der Unterschiede bestand bei allen das Interesse und auch die Neugier, Wissen und eigene Erfahrungen zu vermitteln und vor allem gemeinsam etwas zu erarbeiten.

Wer hat sich mit welchen Erwartungen für das Camp angemeldet?
Julia Boschmann: Es haben insgesamt 15 Mädchen zwischen 13 und 21 Jahren teilgenommen, die aus ganz Österreich ihren Weg zu uns gefunden haben. Viele der Mädchen kennen den „klassischen“ Musikunterricht und haben in diesem Rahmen auch schon Auftritte absolviert, einige haben bereits Banderfahrung. Die Erwartungen der Teilnehmerinnen waren vielfältig: Der Wunsch, sich an verschiedenen Instrumenten auszuprobieren, Songs schreiben zu lernen, Bühnenerfahrung zu sammeln, mit anderen gemeinsam Musik zu machen, aber auch Dinge wie neue Leute kennenzulernen, der Wunsch nach mehr Selbstbewusstsein, eine schöne Zeit gemeinsam zu verbringen und natürlich Spaß zu haben.

Wie haben sich die Bands formiert?
Veronika Eberhart: Die Teilnehmerinnen haben sich zu Beginn des Camps in Bands mit jeweils drei oder vier Leuten zusammengefunden. Das geschah hauptsächlich über gemeinsame musikalische Vorlieben, Alter war zum Beispiel eher egal. Die Teilnehmerinnen, die Punk machen wollten, jammten gemeinsam in einem Proberaum und diejenigen, die Beyonce verehren, zwirbelten mit ihren Stimmen im nebenan.

Haben die Teilnehmerinnen von euch Vorgaben bekommen?
Veronika Eberhart: Wir haben versucht, den Teilnehmerinnen so wenige Vorgaben wie möglich zu geben. Jede Band hatte einen eigenen Proberaum, ausgestattet mit den Instrumenten, die sie spielen oder ausprobieren wollten. Und jede Band wurde von zwei Bandcoaches betreut. Diese unterstützen die Teilnehmerinnen dabei, ihre eigenen musikalischen Vorstellungen zu verwirklichen, gaben Tipps und halfen weiter, wenn es mal irgendwo stockte.

Werden die Bands auch nach dem Camp bestehen bleiben?
Ina Thomann: Den Organisatorinnen war es ein großes Anliegen, dass die Teilnehmerinnen die Möglichkeit haben, ihre Bands weiterzuführen. Da jedoch einige Teilnehmerinnen aus anderen Bundesländern kommen, war der Punkt Wohnort auch ein großes Thema bei der Bandfindung. Es sind dabei trotzdem geografisch bunt durchgewürfelten Bands entstanden, deren Mitglieder nun motiviert sind, jetzt eine Band in ihrem eigenen Wohnort zu gründen!

Wann findet das nächste Rock Camp NÖ statt?
Ina Thomann: Das nächste Girls Rock Camp NÖ findet von 20. bis zum 25. August 2012 statt. Mehr Infos dazu gibt es unter: www.girlsrock.at.

Interview: Ana Maria Michel

Foto: BWB/ Mäx Mares