Rassistische Diskriminierungen werden durch das Grundgesetz, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und andere Gesetze untersagt. Umstritten ist dabei die Frage, ob der Begriff der „Rasse“, der dabei im Recht Verwendung findet, selbst rassistisch ist bzw. rassistisches Denken fördert und deshalb durch andere Begriffe ersetzt werden sollte. Heute möchte ich die Hintergründe dieser Diskussion vorstellen.

In Artikel 3 Abs. 3 GG steht

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Die Vorstellung, Menschen könnten aufgrund äußerer Merkmale oder tatsächlicher bzw. vermeintlicher ethnischer Zugehörigkeit in bestimmte Gruppen eingeteilt werden, ist Rassismus. Wie soll also das Recht Rassismus bekämpfen und dabei selbst den Begriff der „Rasse“ verwenden?

Diese Frage wirft das Deutsche Institut für Menschenrechte in zwei Veröffentlichungen aus dem Jahr 2008 (pdf) und 2010 (pdf) auf. Beide Papiere kommen zu dem Ergebnis, dass „Rasse“ als Rechtsbegriff durch andere Begriffe ersetzt werden sollte. Die Argumente sind unter anderem: Der Begriff „Rasse“ fördert rassistisches Denken, weil er die Vorstellung unterstützen kann, Menschen wären anhand von „Rassen“ zuord- oder unterscheidbar. Der Begriff ist außerdem durch die deutsche Geschichte enorm belastet. Für das Grundgesetz schlägt das Institut deshalb die Ersetzung des Begriffes „Rasse“ durch den Begriff „rassistisch“ vor. Art. 3 Abs. 3 GG würde dann nach diesem Vorschlag lauten:

„Niemand darf rassistisch oder wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Sprache,
seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen
benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Beide Papiere sind sehr lesenswert und zeigen sowohl die historischen Hintergründe des „Rasse“-Begriffs im deutschen Recht und in internationalen Menschenrechtsdokumenten, als auch die Problematik des juristischen Umgangs mit rassistischen Diskriminierungen insgesamt auf.

Eine andere Sichtweise auf das Thema: In einem sehr spannenden Vortrag an der Humboldt Universität Berlin (verfügbar hier als mp3) argumentiert der Wissenschaftler Cengiz Barskanmaz, eine Streichung des Begriffs „Rasse“ bringe die Schwierigkeit mit sich, dass begriffliche Alternativen gewählt werden müssten, die die soziale Bedeutung des vielschichtigen Diskriminierungs-Phänomens Rassismus abbilden. Die Streichung des Begriffs könne dazu führen, dass die Auseinandersetzung mit Rassismus, die durch die Rechtswissenschaft erfolgen muss, gerade verhindert werde und begriffliche Alternativen (wie ethnische Herkunft oder Ausländerfeindlichkeit, die auf jeden Fall gegenüber der Formulierung „rassistisch“ zu kurz greifen würden) gewählt würden, die untauglich wären um alle Erscheinungsformen von Rassismus auch zu erfassen. Cengiz Barskanmaz spricht sich in seinem Vortrag dafür aus, den Begriff der „Rasse“ beizubehalten, aber so zu interpretieren, dass die Erkenntnisse interdisziplinärer Forschung zu Rassismus berücksichtigt werden. Dabei wären gesellschaftliche Hierarchien, individuelle und gruppenbezogene Privilegien, sowie Ausschlussprozesse zu berücksichtigen. Eine solche Auseinandersetzung, argumentiert Cengiz Barskanmaz, hat in der Rechtswissenschaft bisher nur unzureichend stattgefunden.