Verfassungsgericht billigt Partnermonate – Warum das (k)eine Nachricht ist
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Heute hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Partnermonate beim Elterngeld wohl nicht verfassungswidrig sind. Äh ja… Es sollte eigentlich old news sein, dass der Staat durchaus Maßnahmen ergreifen darf, die die Gleichstellung von Frauen und Männern fördern. Das steht immerhin im Grundgesetz. So war meine erste Reaktion auf die Meldung und so ungefähr liest sich auch der Tenor der kurzen Begründung in der Pressemitteilung des Gerichts.
Die Frage, ob die Partnermonate einen verfassungswidrigen Eingriff in die freie Entscheidung von Eltern über ihre Arbeitsteilung darstellen, eignet sich ganz gut zur Illustration des sehr verkürzten Freiheitsbegriffs, der in manchen Verfassungsinterpretationen Anwendung findet. Heute will ich deshalb einen kurzen Blick auf die Freiheit und ihre Rahmenbedingungen werfen und euch gleich noch die Argumente des Bundesverfassungsgerichts zur Sache vorstellen.
Die Partnermonate beim Elterngeld funktionieren so: Insgesamt gibt es 14 Monate lang Elterngeld. Ein Elternteil (Ausnahme Alleinerziehende) kann aber nur 12 Monate lang Elterngeld beziehen. Die anderen zwei Monate müsste dann der andere Elternteil seine Erwerbstätigkeit zumindest einschränken. Alleinerziehende die keinen Job haben und Paare, bei denen beide Eltern kein Erwerbseinkommen haben, kriegen übrigens auch keine Partnermonate!
Wann entscheiden Eltern frei?
Das Landessozialgericht Bremen-Niedersachsen vertrat nun die Auffassung, dass eine solche Regelung, die zumindest für zwei Monate eine bestimmte Arbeitsteilung von den Eltern verlangt, einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG darstellt. Denn zur Interpretation von Art. 6 GG gehöre auch, dass Ehegatten und Eltern sich frei und ohne staatliche Beeinflussung entscheiden können sollen, wie sie ihre Arbeitsteilung gestalten wollen. Dieses Argument gehört tatsächlich zur Standardinterpretation dieses Grundrechts, damit wird von einigen zum Beispiel auch das Ehegattensplitting begründet. Vom emanzipatorischen Potenzial her ist das ein zweischneidiges Schwert, weil ja sowohl eine Regelung, die darauf abzielt, die Ehefrau „ins Haus zurückzuholen“ verfassungswidrig wäre – aber eben auch zum Beispiel der gesetzliche Zwang zur ZweiverdienerInnen-Ehe.
In Bezug auf die Rollenverteilung bei der Kinderbetreuung wird aber auch klar, wie formal dieser Freiheitsbegriff ist. Welche Bedingungen die Entscheidung für eine bestimmte Arbeitsteilung auch immer prägen – ihr Ergebnis wird dann als freie Entscheidung interpretiert? Immerhin gibt es jede Menge Faktoren innerhalb und außerhalb des Rechts, die Eltern eine bestimmte Arbeitsteilung nahelegen… Und da ist eben noch Art. 3 Abs. 2 GG, der nicht nur die formale Gleichberechtigung vorsieht… (wenn ihr weitere rants von mir zu diesem Thema lesen wollt, hier gibt es etwas zum Begriff der Wahlfreiheit in der Familienpolitik und zum Thema Herdprämienpolitik).
Förderung partnerschaftlicher Arbeitsteilung
Inhaltlich argumentierte nun die Kammer des Bundesverfassungsgerichts:
„Die Regelung zu den „Partnermonaten“ zielt darauf ab, die partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zu fördern und dadurch die einseitige Zuweisung der Betreuungsarbeit an die Frauen mit den nachteiligen Folgen auf dem Arbeitsmarkt aufzubrechen. Damit wollte der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlichen Auftrag zur Förderung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen aus Art. 3 Abs. 2 GG entsprechen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfolgt dieser Verfassungsauftrag das Ziel, die Gleichberechtigung der Geschlechter in der gesellschaftlichen Wirklichkeit durchzusetzen und überkommene Rollenverteilungen zu überwinden. Dies verpflichtet den Gesetzgeber auch dazu, einer tradierten Rollenverteilung zu begegnen, nach der das Kind einseitig und dauerhaft dem „Zuständigkeitsbereich“ der Mutter zugeordnet würde.“
Über diese Ziele und ihre Rechtmäßigkeit hatte sich das vorlegende Gericht allerdings gar keine Gedanken gemacht. Deshalb wurde die Vorlage gar nicht erst nicht zur Entscheidung angenommen (es handelte sich um einen Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts).