Wir alle tun es, wir alle brauchen es und wir alle haben unsere eigene Meinung dazu: Hier geht’s nicht etwa ums Rauchen, Süßigkeiten naschen oder Lügen. Nein, das Thema hier erfordert nicht nur Disziplin und wird von vielen als „lasterhaft“ bezeichnet. Hier geht’s um eine der meistdiskutierten Aktivitäten, die die Geschlechter immer wieder spalten soll: dem Shoppen.
Aber ist Shopping wirklich bei Männern und Frauen so heiß diskutiert? Hat denn wirklich jede Frau strahlende Augen und schnappt sich sofort ihre Handtasche und die Kreditkarte des nächsten Mannes in ihrem Leben (vom Papa bis zum Freund ist da jeder dabei) und sprintet in die Einkaufspassage? Flucht jeder Mann innerlich, sobald auch die letzte Jeans das dritte Flicken nicht mehr mitmacht und er jetzt, gezwungener Maßen, den Albtraum seiner Geschlechtsgenossen durchleben muss, weil er sich in die Geschäfte schleppt? Über männliches und weibliches Einkaufsverhalten gibt es unzählige Klischees, aber ob die auch alle wirklich stimmen ist fraglich. Warum können Männer nicht auch Spaß beim Schuhkauf haben und Frauen auf dem schnellsten Wege wieder aus den Geschäften flüchten, weil es für sie eben nicht immer das Allergrößte ist, ihren Kleiderschrank aufzufüllen?
Schauen wir uns doch mal die blanke und unverschönte Realität an: Münster, Ludgeristraße – hier tummeln sich die Shoppingwütigen! Was als erstes auffällt ist der ausgeglichene Anteil von ShopperInnen. Frauen gehen lieber einkaufen als Männer? Na dann können sie das andere Geschlecht aber immerhin bestens überzeugen sie zu begleiten…Und so unglücklich sehen sie auch gar nicht aus. Student Markus (24) lächelt sogar ziemlich zufrieden, als er sagt: „Naja, wenn nur die Frauen einkaufen gehen würden, wozu gibt’s denn dann überhaupt Klamottenläden für Männer?“. Und er hat Recht, Münsters Einkaufsstraße bietet nicht nur Einkaufsmöglichkeiten für den weiblichen Part. Sie hält reichlich Angebote für Männer bereit und die werden auch genutzt.
„Klar kauf ich gern ein, aber ich weiß halt einfach, was ich brauche. Da gibt’s kein langes Suchen!“ findet er und gibt damit neue Einblicke in das männliche Kaufverhalten. Männer gehen nicht unbedingt entnervt shoppen. Sie sind lediglich entnervt, wenn sie nicht schnell das finden, was sie suchen. Bei den Frauen scheint diese Einstellung eher weniger verbreitet, vielleicht sind sie beim Einkaufen auch einfach nur entspannter und vergessen dabei die Zeit. Kellnerin Nina (22) kann das jedenfalls bestätigen: „Für mich ist Shoppen auch ein bisschen wie Urlaub, ne Pause vom Alltag. Da guck ich doch nicht auf die Uhr…“ Vielleicht ist gerade das das Problem beim gemeinsamen Einkauf: Während der eine zielstrebig seinen Einkauf erledigen will, hat die andere noch gar nicht darüber nachgedacht, was sie überhaupt braucht und wann sie ihre Tüten nach Hause trägt.
Kann ein gemeinsamer Shoppingtrip so überhaupt funktionieren? „Na klar, dafür gibt’s doch die Männerparkplätze!“, sagt Studentin Lilliane (28). Männerparkplätze- Soll der Mann etwa auf seine weibliche Begleitung im Auto warten? Und dürfen Autos überhaupt in die Fußgängerzone?! Die 28-Jährige klärt auf: „Das sind diese Hocker und Sofa, die immer in den Geschäften vor den Frauenumkleidekabinen stehen. Manchmal gibt’s sogar Fußballzeitschriften daneben.“ Klischees doch bestätigt?! Klingt interessant und auf den ersten Blick scheint es auch zu funktionieren: die Sessel der Kaufhauskette „Galleria Kaufhof“sind belegt von Männern, die in den ausgelegten Magazinen blättern. In den Umkleidekabinen mustern sich Frauen im Spiegel und wenn sie Beratung brauchen, ist ein kompetentes (?) Auge direkt zur Stelle. Aber fühlen sich die Männer in dieser Rolle überhaupt wohl? Angestellte Astrid hat das neue Angebot schon einige Monate beobachtet und findet: „Das Konzept scheint zu funktionieren. Viele Männer nutzen das Angebot und ich bilde mir gerne ein, dass sie jetzt sogar viel liber mit ihren Frauen und Freundinnen einkaufen gehen.“ Und was sagt die Männerwelt selbst dazu? „Ich find die Idee super, aber die Plätze sind doch nicht nur für Männer gemacht worden…Wenn meine Frau mit ihrer Schwester shoppen geht, dann kann sie sich doch auch vor die Kabine setzen!“, ist der Einzelhandelskaufmann Fabian (26) der Meinung. Und damit hat er Recht; die aufgedrängte Rollenverteilung durch diese Sitzmöglichkeit ist vielleicht gar keine und kann viel besser als Service für alle Kunden mit seiner Funktion glänzen.
Beeinflusst der Aufbau eines Geschäfts denn trotzdem unsere Wahrnehmung des männlichen und weiblichen Konsumverhaltens? Auf jeden Frauenbekleidungsshop folgt jedenfalls nicht zwangsweise ein Fastfood-Restaurant, ein Kiosk oder ein Elektrofachgeschäft in dem frau ihre männliche Begleitung „parken“ könnte, während sie auf der Suche nach dem perfekten Paar Schuhe ist (Achtung, Klischee!). Und auch die Angebote sind in keinem Fall nur rentabel„for girls only“, Sonderangebote für Männer gibt es ebenso. Nur eben nicht im Dessousladen um die Ecke, sondern vielleicht im Schuhladen gegenüber. Und die meisten Kaufhäuser haben für beide Geschlechter eine Abteilung, sodass der gemeinsame Einkauf auch kein Problem darstellen sollte. Männerparkplätze sind wohl doch eher ein Gemeinschaftsparkhaus!
„Gibt es denn überhaupt noch die typischen Shoppingmuffel unter den Männern?“, fragt sich die Verkäuferin Sarah (21) da völlig zu Recht. „Ich arbeite zwar in einer Einkaufspassage aber ich geh gar nicht so gerne shoppen. Mein Freund aber schon, der zieht mindestens einmal im Monat los…“. Und da ist er nicht der Einzige. Auch man(n) braucht was zum Anziehen und Überwerfen, am besten auch noch irgendetwas, das ihm gefällt. Woher soll denn Mutti oder die Freundin wissen, was das ist? Selbst ist der Mann (und das nicht nur im Baumarkt)! Nettes Klischee, aber hier ist es überhaupt nicht negativ zu verstehen: Auch Männer gehen eben shoppen- Oft genauso freiwillig und gern wie Frauen auch.
Der Blick in Münsters Einkaufsstraße hat uns also doch um eine wichtige Erkenntnis reicher gemacht: Wer einkaufen gehen möchte, der kann dabei Spaß haben oder eben nicht. Egal ob er männlich oder weiblich ist. Vielleicht sollte er oder sie dabei allerdings eine Parkuhr mitnehmen- wer weiß, ob noch ein Parkplatz frei ist…
L.Maring