Team Alltag/Lifestyle: Window-Shopping auf der Ludgeristrasse in Münster – oder „Haben Sie auch Männerkleidung?!“
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„Frauen mit glänzenden Augen und gelangweilte Männer degradiert zu Taschenträgern.“
So oder so ähnlich lautet wohl das stereotype Klischee, das wir alle schon mal zum Thema „Frauen und Männer beim Shoppen“ gehört haben. Ich wollte nun aber nicht in dieselbe Kerbe schlagen oder Gegenbeispiele für shopping-geile Männer und shopping-hassende Frauen finden. Mich hat interessiert, ob es eventuell einen Grund geben kann, warum viele (nicht alle!) Männer keine Jubelschreie ausstoßen, wenn es darum geht, in die Innenstadt zu gehen. Denn für mich heißt gendersensibel nicht, nur zu schauen wo es Verbesserungsbedarf für Frauen gibt. Sondern auch, ob es Orte gibt, bei denen sich ein Mann auch mal eher unwohl oder fehl am Platz fühlen kann. Und eins sei vorweggenommen – die Ludgeristrasse in Münster könnte so ein Ort sein.
Im Folgenden erläutere ich meine Beobachtungen, welche ich auf Münsters Einkaufsstrasse Nummer Eins gemacht habe. Hierbei geht es aber nicht um die Menschen, sondern um die Schaufenster der münsteraner LadeninhaberInnen. Kurz zu meinem Prozedere: Mit einem Notizbuch bewaffnet bin ich Anfang November von Schaufenster zu Schaufenster gegangen und habe gezählt. Gezählt, wie viele Schaufenster Frauen ansprechen sollen und wie viele Männer. Wichtig zu wissen ist, dass es sich nur um Schaufenster der Lokale handelt, deren Anschrift tatsächlich „Ludgeristrasse“ lautet. Keine Seitengassen und Nebenstrassen.
48 Läden erfüllen diese Voraussetzung. 17 davon sollen uns im weitern Verlauf nicht interessieren, da es sich dabei um „geschlechtsneutrale“ Ladenlokale wie Cafés, Buchhandlungen, Bäckereien oder Fast-Food-Filialen handelt. Bleiben also noch 31 Geschäfte die Kleidung, Schuhe und Schmuck verkaufen wollen.
11 Geschäfte auf der Ludgeristrasse in Münster sind reine „Frauenläden“. Sucht ein Mann hier nach Kleidung, Schmuck oder Unterwäsche wird er sehr schnell kehrtmachen. Denn diese Geschäfte verzichten völlig auf Männer als kaufkräftige Kunden. Zum Ausgleich gibt es aber auch Läden exklusiv für Männer. Obwohl … Entschuldigung, der Plural ist hier falsch. Es gibt einen Männerladen. Ja, so ist es richtig! Also, EINEN Laden in dem Frauen nicht fündig werden können. Der Slogan dieses Geschäfts lautet „Das sind Männer“. Diese Männer müssen sich auf einer eher kleinen Fläche tummeln, bei der Quadratmeterzahl dieses Ladens lernt man(n) sich schon recht gut kennen.
Gut, dann wären es also noch 19 Geschäfte, die als Zielgruppe sowohl Männer als auch Frauen haben. An diesem Punkt entschuldige ich mich, wenn es nun ein bisschen zahlenlastig wird, aber in manchen Fällen sind sie halt unumgänglich. Diese 19 Geschäfte, verfügen über 62 Schaufenster. 13 Fenster zeigen ausschließlich Männermode, 31 hingegen Frauen. In Prozent ausgedrückt, sind also genau 50 Prozent der Schaufenster, von Läden mit einem Sortiment für beide Geschlechter, auf die Frauenwelt ausgerichtet. Die Männer kommen gerade mal auf rund 21 Prozent. Die gleiche Prozentzahl können Schaufenster verbuchen, die gemischt werben. Die restlichen acht Prozent entfallen auf die „lieben Kleinen“ – die Kinder.
Bei dem Wort „gemischt“ wird es allerdings interessant, denn gemischt heißt nicht gleichmäßig aufgeteilt. Ein schönes Beispiel liefert ein Juwelier. Dort wurde die Glasfläche in zehn kleine Schaufenster geteilt, welche jeweils über drei Ebenen verfügen. Vier dieser Schaufenster stellen auf allen drei Ebenen Frauenschmuck aus. Lediglich zwei Mal ist das Schaufenster komplett mit Männerschmuck dekoriert. Die restlichen Schaufenster sehen wie folgt aus:
Eheringe – Frau – Frau Frau – Mann – Frau Mann – gemischt – Frau Frau – Mann – gemischt
Das heißt, von den Schaufenstern, die mit Schmuck beider Geschlechter bestückt sind, geht wieder ein Großteil an uns Frauen.
Ein ähnliches Bild liefern die vier Schaufenster einer großen Kaufhauskette, welche mit Geschenkideen für die Liebsten in winterlich dekorierten Vitrinen aufwarten – jeweils drei pro Fenster. Von den also insgesamt zwölf Vitrinen sind sieben ausschließlich mit Frauenartikeln bestückt. Lediglich eine einzige (!) ist komplett nur für Männer dekoriert. Die anderen zeigen gemischte Geschenkideen in einem mehr oder weniger ausgeglichenen Verhältnis.
Die Liste der Beispiele ist lang, aber ich denke, das Grundproblem ist klar geworden. Warum sollte es Männern also Spaß machen einkaufen zu gehen, wenn sie in einigen Läden gar nicht willkommen sind und in anderen nicht ganz klar wird, ob es vielleicht etwas für sie zu entdecken gibt? Ist es verwunderlich, dass es viele Männer bevorzugen lieber gleich vor der Tür zu warten, wenn es in den Läden nichts gibt was für sie interessant wäre? Und wenn wir doch noch mal auf die Frauen schauen wollen, welches Bild vermittelt so eine Einkaufsstrasse? Das der konsumgeilen Weiblichkeit, die Zeit und Geld gerne in den Konsumtempeln dieser Welt lässt?
Im Endeffekt muss jeder selbst wissen was er daraus macht. Ob die Männer „ist mir eigentlich total egal“ in ihre Bärte brummeln oder sich echauffieren, weil ihre Shoppingzone doch erheblich eingeschränkt ist. Und ob die Frauen freudestrahlend in die Hände klatschen und sich freuen, dass endlich mal jemand an sie denkt oder sich von den ganzen leuchtenden Verlockungen eh nicht beirren lassen – letztlich ist es wieder eine Typsache. Aber fest steht, in Münsters Innenstadt ist es noch ein weiter Weg bis zur Gleichberechtigung – zumindest was die Schaufenster angeht.
Sabrina