Top 10 FETTnäpfchen
Von
Für FreundInnen dicker Frauen
»Gut gemeint« ist meist das Gegenteil von gut und hinter schnell dahingesagten Sätzen verbergen sich manchmal massive Angriffe und eingeschränkte Weltbilder. Deshalb haben wir die zehn häufigsten Kommentare aus unserem FreundInnenkreis gesammelt, die sich bei genauerem Hinsehen als ziemlich dickenfeindlich entpuppen.
1. »Wow, du siehst aber gut aus. Hast du abgenommen?«
Eines der beliebtesten Komplimente. Schließlich soll Abnehmen ja Willenskraft, Durchhaltevermögen und Fleiss erfordern und kommt gleich nach Den-Nobelpreis-gewinnen. Glückwünsche und Standing Ovations sind da ein Muss. Die Botschaft, die hinter diesem Satz steckt, ist allerdings nicht ganz so schmeichelnd. Denn eigentlich wird damit ausgedrückt: »Mir fällt kein anderer Grund als das Abnehmen ein, warum du möglicherweise gut aussehen könntest.«. Weitergedacht heißt das, »Du gefällst mir besser, wenn du schlank(er) bist.« und »Ich finde es toll, dass du abnimmst.«. Und was bedeutet das anderes als die Schönheitsnorm-Gehirnwäsche »Dick ist hässlich«?
Ganz offensichtlich heißt es auch: kümmere dich um dein Gewicht, du hast den Zwang abzunehmen, ob du willst oder nicht – und du hast den Zwang es gut zu finden, wenn andere sich einmischen und bewerten wie sehr du abgenommen hast. Du hast sogar den Zwang dafür dankbar zu sein, wenn irgendwer deine Schönheit anhand deines Gewichtes beurteilt.
Besseres Aussehen kann viele Gründe haben, in den meisten Fällen ist es Entspannung, Freude, Liebe, Frieden mit sich selbst oder der Sinn, der endlich klarer vor Augen liegt. Das Kompliment hieße also zutreffender: »Wow, du siehst aber gut aus. Bist du glücklich?« Aber eigentlich reicht auch einfach »Wow, du siehst aber gut aus.«
2. »Du hast so ein hübsches Gesicht. Du wärst eine richtige Schönheit, wenn du schlank wärst.«
Diese Aussage heißt nichts anderes als »Ich finde deinen Körper hässlich.« und das ist eindeutig eine Beleidigung. Eine Frau ist nicht in ihre Einzelteile zerlegbar. Gesicht, Körper, Hirn, Herz und Charakter sind ein Gesamtpaket, das uns erst zu jener einzigartigen Person macht, die wir sind. Und bitte lasst euch nicht erzählen, dass ein »Schlankes Ich« tief drinnen in jedem dicken Körper steckt und händeringend fleht, endlich rauskommen zu dürfen. Das einzige was in unseren Körpern steckt und nur darauf brennt genutzt zu werden ist, strömende Lebensenergie. Du bist schön, so wie du bist!
3. »Sehe ich in dieser Hose dick aus?«
Diese Frage scheint in unser aller Köpfe so fest verankert zu sein, dass sie nur mit ausdauernder Hartnäckigkeit und viel Übung ausgemerzt werden kann. Wir vertrauen nicht mehr auf unser Körpergefühl, das uns spüren lässt, ob wir uns in einem Kleidungsstück wohlfühlen, ob es angenehm zu tragen ist und ob wir uns darin bewegen können, bevor nicht die alles entscheidende Frage beantwortet ist: »Sehe ich darin dick aus?« Wenn die Antwort »Nein!« lautet oder gar »Im Gegenteil, darin siehst du schlank(er) aus.«, kann es schon mal vorkommen, dass danach auf Wohlfühlfaktoren komplett vergessen wird. Kneifende, zu enge oder sonst wie unangenehme Kleidungsstücke gehen öfter über die Ladentische als angenommen.
Bei einer Hose kommt es darauf an, ob du dich darin wohlfühlst und ob sie dir gefällt. Keines dieser Kriterien hat etwas mit dick zu tun. Insofern ist es völlig egal, ob du in dieser Hose dick aussiehst. Dicksein ist weder schlecht noch hässlich!
4. »Das Dessert verkneife ich mir heute. Ich muss schließlich auf meine Linie achten.«
Neben dem Augenrollen, den dieser Satz regelmäßig bei dicken Frauen verursacht, wirft er auch viele Fragen auf: Von welcher Linie ist hier eigentlich die Rede? Ist Verkneifen nicht sehr schmerzhaft? Was ist so schlecht an einem guten Dessert?
Wenn du dir sehr oft selbst etwas versagst, worauf du wirklich Lust hast, kann das unter Umständen zu Stress, Verbitterung und Unzufriedenheit führen. Willst du das? Wenn du eigentlich gar nicht wirklich Lust hast auf das Dessert und diesen Satz einfach so aus Gewohnheit vor dich hin sagst, dann frage dich mal, warum du das Gefühl hast, ihn sagen zu müssen? Warum musst du dich dafür rechtfertigen, was du isst und was nicht? Und wem bist du überhaupt eine Erklärung schuldig?
5. »Sicher, es gibt genügend Männer, die dicke Frauen sexy finden.«
Dein Wert als Frau hängt nicht davon ab, ob Männer dich attraktiv finden! Und du bist nicht dazu verpflichtet, für irgendjemanden sexy oder schön zu sein!
Frauen werden dazu erzogen, zu gefallen – in erster Linie Männern, aber auch ArbeitgeberInnen oder KundInnen. Allem und jedem gefallen zu wollen schränkt ein, denn es hält uns davon ab, zu entdecken, was wir selbst wollen und brauchen und was uns gefällt. Es behindert uns, der eigenen Intuition zu folgen und unsere volle Kraft zu leben. Jede Frau hat das Recht auszusehen wie sie will, auch wenn es keinem einzigen Menschen außer ihr selbst gefallen würde. Hör auf, gefällig zu sein!
6. »Das Kleid von XY sieht umwerfend aus. Na ja, mit ihrer Figur kann sie sich das auch leisten.«
Das ungeschriebene Gesetz, dass frau sich erst mit einer bestimmten Figur ein bestimmtes Kleidungsstück »leisten« könne oder umgekehrt, dass bestimmte Kleidungsstücke nur von bestimmten Figuren getragen werden dürfen, ist menschenverachtend. Es ist das Gesetz von »Figurgerecht, Vorteilhaft & Kaschierend«, das wir so oft es geht, brechen sollten! Alleine, um dem durch Medien und Werbung vernebelten Blick, der nur junge, schlanke, unbehaarte Frauenkörper als sehens- und liebenswert einstuft, etwas entgegenzusetzen.
Es gibt unterschiedlichste Körper und Körperformen und keine ist besser oder schlechter als die andere und keine ist dazu verdammt sich zu verstecken. Niemals sollte sich eine Frau für ihren Körper schämen (müssen).
7. »Ich sorge mich um deine Gesundheit. Oder. Mit jedem abgenommenen Kilo, steigt die Lebensqualität.«
Das ist eine blanke Lüge – Rufzeichen! Lebensqualität hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab – beispielsweise von Armut, Umweltverschmutzung, Gewalt, Stress, Sinn, Selbstentfaltung und Anerkennung, sozialen Kontakten und so weiter. Das Körpergewicht an sich spielt dabei eine eher unwesentliche Rolle.
Es ist nichts Schlechtes, sich um die Gesundheit von FreundInnen zu kümmern. Aber frage dich mal, ob es dir tatsächlich und ganz ehrlich um ihre ganzheitliche Gesundheit geht? Und frage dich auch, warum dir die Vorstellung, dass auch dicke Menschen gesund sein können, so unbehaglich ist? Frage dich auch mal, was eigentlich Gesundheit für dich heißt? Ist es denn wirklich gesund deine Freundin zu zwingen abzunehmen, ihr Diäten vorzuschlagen und ihr immerzu ihr eigenes Körpergefühl abzusprechen? Ist es gesund ihr zuzuschauen wie sie ihrem Körper bei Diäten alle Nährstoffe entzieht – wie sie im Anschluss an solche Mangelernährung an Osteoporose erkrankt oder wie sie nach einer Magenverkleinerung nur mehr ein einziges Brot am Tag essen kann und sonst nichts? Wäre es nicht besser sie einfach bedingungslos zu lieben so wie sie ist?
8. »So dick bist du doch gar nicht!«
Das gut gemeinteste Kommentar von allen, das nur dann Sinn macht, wenn sowohl die Sprecherin als auch die Angesprochene davon ausgehen, dass Dicksein grundsätzlich etwas Schlechtes ist. Es soll erleichtern, noch als halbwegs »normal« durchzugehen. In Wirklichkeit zementiert es aber den allgegenwärtigen Druck und die Angst davor, dick(er) zu werden. Und es zeigt, dass die Sprecherin Körper miteinander vergleicht und bewertet und lässt vermuten, dass es für sie eine Gewichtsgrenze gibt, die sie als »zu dick« ablehnt.
Wenn wir als Menschen in und mit unseren Körpern in Gesundheit leben wollen, dann müssen wir uns von Gewichtsgrenzen, Normen und Wertungen befreien und ganz besonders von der Angst, dass der eigene Körper irgendwann nicht mehr in Ordnung sein könnte.
9. »Furchtbar, ich bekomme schon einen richtigen Bauch. Ich muss wirklich anfangen, etwas dagegen zu tun.«
Es ist immer ein bisschen seltsam, wenn FreundInnen, die dich in deiner ganzen Fülle akzeptieren und toll finden, plötzlich ein massives Problem mit ihrem eigenen Fett bekommen. »An dir gefällt mir das, aber an mir halte ich es einfach nicht aus.« wird dann erklärt oder »Ich bin das nicht gewohnt, ich war ja immer schlank.« Als dicke Frau haben wir drei Möglichkeiten darauf zu reagieren:
- a) ignorieren
b) sagen, dass wir nicht die geeignete Gesprächspartnerin für dieses Thema sind
c) eine Schulung in Körperakzeptanz geben
Keine dieser Möglichkeiten ist wirklich zufriedenstellend.
Frag‘ dich mal, was du als schlanke Frau erwartest, wenn du in Gegenwart einer dicken Frau dein Körperfett beklagst? Erwartest du vielleicht den Satz »Also bitte, du hast doch keinen Bauch. Schau mich an!«?
10. »Es gibt eine neue Ernährungsmethode (ein neues Fitnessgerät…). Unter ärztlicher Aufsicht nimmst du damit garantiert und dauerhaft ab!«
Liebe FreundInnen,
Wir bitten euch, hört endlich auf, Abnehm-Ratschläge zu geben! In jeglicher Form. Immer und Überall. Das Internet, die Medien, die Geschäfte und Ordinationen sind voll davon und wir brauchen wirklich und tatsächlich und ganz bestimmt keine mehr. Und nein, wir haben uns nicht aufgegeben. Im Gegenteil, wir haben endlich angefangen, zu leben und uns so zu lieben wie wir sind. Und seid nicht so respektlos und stellt unser Wohlbefinden und unsere Selbstliebe ständig und immer wieder in Frage.
Danke!
die ARGE(n) Dicke(n) Weiber
Text: ARGE Dicke Weiber