Entweder oder?
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Sie müssen sich schon entscheiden! Ja, so lautet sie, die ‚deutsche’ Frage. Beruf oder Familie, Kinder oder Karriere werden als Gegensatz gedacht und dementsprechend sieht die Arbeitswelt aus. Zeiten der Verantwortung für Kinder oder zu betreuende oder pflegende Angehörige werden weithin als Auszeiten betrachtet und Familienfreundlichkeit erschöpft sich vielfach in der Unterstützung beim ‚Outsourcing’ dieser Aufgaben.
Diese Sichtweise passt nicht mehr zu einer Arbeitswelt, in der gut qualifizierte Beschäftigte, Männer und Frauen, mit der Vorstellung Beruf und Familie, Kinder und Karriere unter einen Hut bringen zu wollen und sich in der Partnerschaft anfallenden Aufgaben auch gleichberechtigt aufzuteilen.
Damit dies gelingen kann, im Privaten, wie auch in den Unternehmen braucht es selbstverständlich passende Rahmenbedingungen, Kinderbetreuungsangebote, räumlich und zeitlich flexible Arbeitsmöglichkeiten und Unternehmenskulturen, in denen es auch für Führungskräfte möglich ist, Arbeitszeiten entsprechend der jeweiligen biografischen Situation zu erhöhen order zu reduzieren.
Dafür, das sich die Entwicklung zu dieser Wirklichkeit in den kommenden Jahren beschleunigen wird, sprechen (mindestens) zwei Faktoren: die demografische Entwicklung und die Vorstellungen derjenigen, die jetzt zunehmend qualifizierte Stellen besetzen und Führungsaufgaben einnehmen. Diese, Generation Y genannten neuen Arbeitskräfte stellen überkommene Einstellungen und Praktiken in den Betrieben in Frage:
Warum muss ich bis 18 Uhr im Büro bleiben, wenn nichts mehr zu tun ist?
Warum traut sich kein Kollege, mehr als zwei Monate in Elternzeit zu gehen?
Warum darf ich tagsüber keine privaten E-Mails schreiben, wenn ich doch am Samstag auch die beruflichen beantworten soll?
Warum sind die meisten Vorgesetzten Männer obwohl auch gut qualifizierte Frauen für diese Aufgabe zur Verfügung stehen?
Die Idee, bestimmte Aufgaben und Verantwortlichkeiten per Quote zu verteilen, lehnt diese Generation als Bevormundung ab. Eine Neuauflage der alten Frage? Entweder Quote oder(keinen) Vorstandsposten? Ich sehe das etwas gelassener. Die Diskussion um den Wert der Vielfalt auch in den Entscheidungsgremien der Unternehmen legt die Schwachstellen auf dem Weg dorthin offen. Und kein Gesetz zaubert auf einen Schlag mehr männliche Erzieher oder Studienanfängerinnen im Maschinenbau herbei.
Auch Mädchen- und Jungetage alleine bewirken wenig, wenn es darum geht, Jungen in Frauen- und Mädchen in Männerberufe zu bringen. Solange es in der Lego Friends Welt keine Feuerwehr gibt, brauchen wir uns über die einseitigen Berufswahlentscheidungen und ihre Konsequenzen nicht wundern.
Meiner Meinung nach muss die ganze Diskussion vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Ein Gesetz über die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Erwerbsleben macht Sinn, wenn dieses Gesetz, wie zum Beispiel in Schweden, die verschiedensten Aspekte im Erwerbsleben wie zum Beispiel Entlohnung, Arbeitsbedingungen und Elternzeitregelungen beinhaltet und auch die übrigen gesetzlichen Regelungen in der Familienpolitik an dem Leitbild der Gleichstellung und der gleichberechtigten Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit ausgerichtet sind.