Team Consuming Gender: IKEAs Happy Family
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Was ist gross, blau-gelb und schwedisch? Die Antwort ist simpel: IKEA. Wir nicht-Skandinavier_innen verbinden das Möbelhaus wohl als erstes mit Schweden. Dieses Land gilt als eines der emanzipiertesten Länder der Welt. Es sei familienfreundlich, frauenfördernd, gleichstellungsfördernd. Ich habe mich gefragt, ob diese Haltung sich auch bei der Werbung von IKEA durchgesetzt hat oder ob sie eher den gängigen Werbestrategien entspricht (Sex und zementierte Stereotypen). Wie werden Geschlechterbilder bei IKEA (re)produziert?
Auffallend finde ich das Familienmodell, das uns bei IKEA präsentiert wird: Mama, Papa, Sohn, Tochter (am besten alle blond – ist das rassistisch?) Freud lässt grüssen. Immerhin, Papa ist präsent, nicht der Brotverdiener, der nie zu Hause ist. Aber der Heterosexismus ist schon auffällig. Das Ideal der Happy Family ist nicht zu übersehen und beeinflusst unsere eigene Vorstellung von Familie.
Es gibt aber auch ein anderes Beispiel: Er nennt sich Wochenendpapa, also ein geschiedener Mann, der seinen Kindern (oha, 2 Jungs) am Wochenende bei sich zu Hause was bieten möchte und daher IKEA mal walten lässt, wodurch es ein Kinderparadies wird und die Kinder sich zu Hause fühlen. (Ausserdem kochen sie sogar zusammen!) Mir fällt sonst keine Werbung ein, die Alleinerziehende, getrennte, Patchwork- und/oder nicht-hetero Familien zeigt. Immer wird das Bild der Happy Family vorgespielt, wobei dies wohl eher nicht der Realität entspricht.
Wochenendpapa 2011:
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Aber IKEA kommt um die Geschlechter-Klischees natürlich nicht herum. Da gibt es den jungen Mann, der alleine wohnt und nichts auf die Reihe bekommt. Seine ganze Wohnungseinrichtung ist kaputt und alles geht schief. „Need something new?“, wird am Ende rhetorisch gefragt. Ein sehr emanzipiertes Männerbild ist das nicht, verstärkt dadurch, dass er am Schluss nackt seinem abgeschleppten Auto hinterher rennen muss.
Loser in Küche:
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Oder die pubertierende Teenietochter, die ihre Eltern anschreit, weil sie nicht auf ein Festival darf. Dabei knallt sie mit Küchentüren, Schüsseln, tritt gegen die Schränke. (Eine IKEA-Küche hält das aus, ist die Botschaft.) Ich frage mich, ob die Werbung auch mit einem pubertierenden Sohn funktioniert hätte. Wohl eher nicht. Aber es setzt gut in Szene, wie Teenager-Frauen sich angeblich verhalten.
Hysterische Teenietochter 2011:
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Also, so ganz frei von Stereotypen würde ich die IKEA-Werbungen nicht nennen (und auch der Sex kommt nicht zu kurz). Schade eigentlich, wenn es doch auch anders ginge und in Schweden die Gleichstellung schon etwas fortgeschrittener wäre…
Besonders fragwürdig finde ich die Florian-Werbung: Florian und eine junge Frau stürmen die Treppe hinauf, wild knutschend sieht man sie auf dem Sofa und dann – klassisch – auf dem Küchentisch. Gerade als es zur Sache gehen wird: Die Tür geht auf und ein Mann betritt die Wohnung, ohne die beiden zu sehen, „Hi Schatzi!“ Verstört schaut die Frau Florian an. „Weil Florian auch mal grössere Sachen verstauen muss, hat IKEA die passende Lösung“ – und wir sehen, wie die Frau sich im Schrank versteckt. Wie sollen wir das verstehen? Also: Ein Mann in einer homosexuellen Beziehung hat eine Affäre mit einer Frau. Ist das nun ein Hetero, der aber in einer homosexuellen Beziehung lebt? Bisexuelle Affäre? Ist der Schwule „eigentlich“ hetero und passt darum wieder ins heteronormative Ideal? Macht das einen Seitensprung weniger verwerflich? Tut Florian nur so, wie wenn er schwul ist? Ausserdem, warum ist die Frau eine Sache (die verstaut werden muss)? Diese Werbung ist mir schleierhaft.
„Weil Florian auch mal grössere Sachen verstauen muss, …“ 2010
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Caro