Durstig stehe ich vor dem Kühlschrank im Supermarkt. Ich habe Lust auf eine Cola. Nein, ich BRAUCHE eine Cola, mein täglich flüssiges, schwarzes Gold. Aber heute soll es mal nicht die originale, sondern eine ohne Zucker sein, Süsses gab’s heute schon genug. Mein Blick gleitet von den altbekannten rot leuchtenden Flaschen über die grau-silbernen, weiter zu den schwarzen Flaschen und nach kurzem Zögern wieder zurück zu den grau-silbernen.

Bis vor ein paar Jahren fiel in einer solchen Situation die Entscheidung leicht, es gab als Alternative zur zuckersüssen Coca Cola nur die Coca Cola light. Seit fünf Jahren ist nun aber auch die Coke zero in den Einkaufsläden unserer Wahl anzutreffen. Und seit fünf Jahren ist Cola trinken auf übelste Un_Art vergeschlechtlicht worden. Aus einem gezuckerten und einem ungezuckerten Getränk wurden eine gezuckerte Coca Cola, eine ungezuckerte Cola für „die Männer“, die Coke zero, und eine ungezuckerte für „die Frauen“, die Cola light.Zumindest will uns die Werbung anscheinend genau das verklickern. Da werden „die Männer“ durch einen einzigen Schluck Coke zero vom bemitleidenswerten Loser zum beneidenswerten Frauenheld und gleichzeitig sind „die Frauen“ selbstverständlich schon vollkommen damit zufrieden, wenn sie einfach ein Süssgetränk trinken können, welches sie schlank und attraktiv macht bzw. bleiben lässt. Jaja. 

Heisst das jetzt, ich als weiblich sozialisierter Mensch muss in dieser Situation zur Cola light greifen? Nur weil ich nicht das richtige Geschlechtsteil habe für das meiner Meinung nach besser, weil dem Original ähnlicher, schmeckende Coke zero?! Natürlich nicht. Und ich lauf eauch nicht Gefahr, plötzlich mit unkontrollierbaren Bartwuchs rumlaufen zu müssen. Warum aber um alles in der Welt, w a r u m muss das Produktmarketing so binär vergeschlechtlicht werden und die Werbung derart Stereotypen bedienen, dass man_frau das soeben Getrunkene am liebsten gleich wieder dort rauslassen möchte, wo man_frau’s reingelassen hat?

Eine mögliche Antwort ist „natürlich“ die aus der Werbung skandalöserweise kaum wegzudenkende heteronormative Sexualisierung. Anscheinend funktioniert ein bisschen Haut, ein bisschen Sex und ein bisschen viel Geschlechterklischees immer noch am besten, um das jeweilige Produkt an die Konsument_innen zu bringen, egal ob der männliche oder der weibliche Körper dafür herhalten muss. Denn interessant dabei ist der bemerkenswerte Strategiewechsel, den die Werbemenschen der Coca-Cola Company vorgenommen haben. Genaugenommen war eine geschlechtliche Zuteilung nämlich bereits zuvor vorhanden.

Erinnern wir uns an den Werbespot der 90er-Jahre mit dem durchtrainierten begehrenswerten Lieferanten, der von den sabbernden Frauen im Büro erwartet wird. Das eingerahmte Bild des Ehegatten wird umgedreht, das Dekolleté in Szene gebracht, damit beim Eintreffen des knackig-jungen Typen um 11.30 Uhr alles stimmt und er genüsslich beim Trinken der mitgebrachten und eiskalten Cola light beobachtet werden kann.

 

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Es gibt viele weitere reizende Beispiele für diese Art von Spots von Coca Cola light; der halbnackte, durchtrainierte Bauarbeiter, der von den Bürofrauen in seiner Pause beim Cola light trinken beobachtet wird, genauso wie der ebenfalls halbnackte, durchtrainierte -was sonst?- Fensterputzer, für den die auswärtigen Frauen extra einen Termin vereinbart haben. Immer dasselbe öde Schema XY: Das männliche Geschlecht, das das zu verkaufende Produkt anpreist und das offensichtlich auch angesprochen werden soll, die Frauen als wollende Sex_Objekte gibt’s gleich mit dazu. Welcher Mann wünscht sich schliesslich nicht, derart gierig angestarrt zu werden und Teil der wildesten weiblichen Phantasien zu sein?! Keiner, logisch. Interessanterweise scheint jedoch der Wechsel des Zielgeschlechts langsam über die Jahre eingeführt zu werden, alte Muster werden zwar beibehalten, aber nun dürfen beide Geschlechter in den Genuss kommen, wie dieses Beispiel zeigt:

 

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Schliesslich wird zwar mithilfe derselben Muster, aber nun anscheinend ausschliesslich das andere Geschlecht angesprochen. Und wieder muss der Fahrstuhl herhalten. Diesmal sind es aber zweifellos die Frauen, die die Cola light trinken und somit wohl auch die Frauen, die sie kaufen sollen, denn nur dank dessen Konsum schaffen sie es, solch einen Traum von Mann in einen „kaputten“ Fahrstuhl zu locken. Oder wie war das noch mal?

 

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Jedenfalls sind wir nun bei der Zuteilung von Cola light = Frau angelangt. Gleichzeitig wird die Coke zero eingeführt und -tadaaa- so kommen auch die Männer als Zielgruppe wieder ins Spiel. Von Anfang an sind die Werbespots für die Coke zero –guess what? Yup – vollgepackt mit stereotypem, heteronormativem Männlichkeitsmüll, alles ist böse-schwarz und blutrot, actiongeladen und strotzt nur so vor Potenz und Boah und Bumm und nicht zu vergessen: die weiblichen Schönheitsideale als objektivierten Gegenpart. Life as it should be, right?

 

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Auf der Homepage von Coca Cola Schweiz heisst es dann auch klar, dass das Produkt „vorzugsweise Männer“ anspricht. Echt jetzt? Jaja! Und weiter: „Coca-Cola Zero bietet den echten Geschmack des Originals, kommt dabei aber ganz ohne Zucker aus.“. Real taste. Zero sugar. Krass, Mann.

Und nun eine Kostprobe aus dem Cola light-Department als Vergleich: „Eine kleine Pause mit Coca-Cola light? Geniessen Sie den einzigartigen, leichten Geschmack ohne Zucker und ohne Kalorien im Büro, zu Hause oder unterwegs.“ If you love it light. Hört ihr auch gleich das Vogelgezwitscher und Flötengedudel? Oder den Gute-Laune-Song vom (vorvor)letzten Sommer? Nicht weit gefehlt, wenn ihr euch diese Werbung anschaut, wobei ich mir die Erwähnung der freakig glotzenden Puppen und ihren Lady-Gaga-Pseudotanz mal ganz diskret erspare. Oder so. Ein nahezu vollkommen homosoziales Umfeld im Büro (erinnert uns das an etwas?), böse Chefin und dann die nette Arbeitskollegin, die zu ein bisschen mehr Lockerheit auffordert. Da tanz ich doch auch gleich mit der ganzen Arbeiter_innenschaft durch den Raum.

 

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Naja, es soll hier nicht vom Thema abgekommen werden, was ich damit aber so ungefähr sagen will: Immer wieder dieselbe alte Leier: die „Männer“ brauchen das Echte, Harte und gleichzeitig die Illusion, ein Frauen_Held zu sein, die „Frauen“ dagegen mögen es (die Cola!) einfach lockerflockigleicht und immer schön mit ihren Freundinnen zusammen.

Vielleicht sind diese ganzen Ausführungen übertrieben und die ganze Thematik zu ernst genommen (oh no!), aber es zeigt doch ganz klar die anscheinend beinahe unveränderbaren binären, heteronormativen Muster und Strukturen der Werbe- und Produktmarketingindustrie, die das Denken und Handeln der Konsument_innen derart beeinflussen, dass sie praktisch nicht mehr aus den Köpfen rauszuhämmern sind und mensch eine fast unmenschliche Leistung aufbringen muss, sich dem ganzen Müll zu entziehen und vor allem sich dagegen zu wehren. Life as it f***ing shouldn’t be.

_helen