Team Consuming Gender: Männer, zurück …wohin genau?
Von
Männer, zurück an den Grill! Ja, liebe Penisträger, jetzt wisst ihr, wo ihr den Sommer (wenn er dann mal noch kommt) zu verbringen habt, keine Widerrede, die Würstchen werden gegrillt. Schliesslich habt ihr euch alle viel zu lange mit eurem Äusseren beschäftigt und sollt jetzt endlich wieder zu echten Kerlen werden. Punkt. Ehmm, wie bitte? Sagt wer?
Sagt die grösste schweizerische Fleischproduktionsfirma Bell und deren neue Werbekampagne „Männer, zurück an den Grill“. Plakate, Werbespots und sogar ein „Männlichkeitstest“ gehören dazu und lassen nicht erst bei näherer Betrachtung meine Laune synchron zu meiner Kinnlade ganz gewaltig sinken. Eigentlich ist die ganze Sache so haarsträubend, dass mensch gar nix mehr dazu sagen kann/muss/will. Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen möchte ich ein paar wenige Worte darüber loswerden.
Angefangen hat die Empörung meinerseits bei der Entdeckung eines Werbeplakats dieser Art auf meiner Joggingstrecke:
Aber da ahnte ich noch nicht, welches Ausmass dieser skandalöse Werbefurz hat und habe mit einem kurzen Kopfschütteln und einem leisen „ojeh“ meinen Lauf fortgesetzt. Doch schon während des Laufens habe ich mich gefragt, was denn genau mit diesem Satz ausgesagt werden soll. Ist es etwa eine ach-so-lustige Anspielung auf die wohlbekannte und -geliebte Wahnsinnsidee „Frauen zurück an den Herd“? Und welche „Männer“ denn eigentlich? Und überhaupt, was soll dieser Quatsch?Zuhause angekommen ging’s an die Recherche und ich bin, wenig überraschend, auf noch mehr und kritikwürdigeres Material gestossen. Angefangen mit drei hübschen Werbespots, alle zu finden auf der Grillhomepage (jaja, so was braucht’s extra!) von Bell:
Demzufolge verkommen die heutigen Männer immer mehr zu Karaoke-singenden Snobs oder Zumba-tanzenden Weicheiern und entdecken ihre weibliche Seite beim Brusthaar-Wachsen ein bisschen mehr als sie sollten. Ja, sie vergessen tatsächlich immer mehr, wer sie sind. Unerhört. Der „echte Mann“ (was auch immer das sein soll) stirbt aus und zurück bleibt der arme Grill, der von niemandem mehr richtig gehandhabt werden kann. Um die jämmerlichen Waschlappen aus ihrer peinlichen Misere rauszuholen und sie wieder zurück zur traditionellen Männlichkeit zu treiben, wird dann auch der als Gewinnspiel angepriesene Männlichkeitstest aufgezwungen:
Mann sehe und staune. Und spiele. Ach ja, die Frauen dürfen netterweise auch mitmachen, aber nur, wenn sie die Männlichkeit ihres Vaters/Bruders/Kollegen/Freundes/Geliebten (hihi) erfragen wollen. Klar, selbst haben sie am Grill auch nix verloren, pfui. Im Gegenteil, sie lieben es doch, wenn ihre Männer beim Fleischbraten ganz männlich schwitzen und wieder das tun, wozu sie geboren wurden. Nämlich grillen. Die Fragen, Antworten und die dazugehörigen Illustrationen des Gewinnspiels sind dann auch nur minimal sexistisch, gespickt mit ein bisschen Heteronormativität (der Mann, der die Männlichkeit seines Mannes testen will, gibt es nicht) und Homophobie (den Modebeurteiler hingegen schon) et voilà, fertig ist der „echte Kerl“.
Und wehe, die falschen Antworten wurden angeklickt, dann ist Mann eine „Susi“, die ganz viel rosa und kleine, weisse Paris-Hilton-Hündchen mag. Hach, wir können doch einfach nicht genug bekommen von diesen schönen, noch nie gesehenen Klischees. Weil wir ja alle wissen, dass du weisst, dass ich weiss, dass du weisst, dass ich weiss, dass das alles nur eine lustig gemeinte, ironisch-witzige Stereotypisierung zu Werbezwecken und auf keinen Fall ernst gemeint ist. Und überhaupt, entspann dich mal ein bisschen. Schliesslich beweisen die von Bell durchgeführten Umfragen ganz klar, dass der Mann am Grill das Sagen hat (nachzulesen auf der „normalen“ Homepage, mit hübschen Kreisdiagrammen zur Visualisierung). Die Frage nach dem Warum ist da auch nicht mehr so wichtig. So, und jetzt zurück an den Herd.
_helen