TEAM CONSUMING GENDER: Der Rasierer: Ein Gegenstand – zwei Marketingprodukte
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Gillette Venus erweckt die Göttin in mir – so sagt es mir die Werbung. Bisher habe ich noch nichts von der angeblichen Göttin in mir bemerkt. Der Männerrasierer von Gillette wäre dann für „das Beste im Mann“. Mir geht es in meinem Blogbeitrag allerdings um die Wirkungen von Konsumgütern in einem weiteren Sinne, sowie um deren Vermarktung: Der Rasierer, ein Plastikding mit einigen Klingen, um möglichst gründlich alle unerwünschten Körperhaare zu kürzen, ist grundsätzlich ein „Unisex-Gegenstand“. Die Werbung vermittelt uns allerdings etwas anderes: Es gibt den Männerrasierer und den Frauenrasierer, und diese beiden Gegenstände unterscheiden sich in vielen Dingen.
Weshalb lohnt es sich, über ein solch „unaufregendes“ Ding zu schreiben wie ein Rasierer? Der Rasierer scheint mir ein einleuchtendes Beispiel zu sein, wie anhand alltäglicher Dinge stereotype Bilder von Männern und Frauen vermittelt werden. Auch weil gerade in der Werbung nichts dem Zufall überlassen wird, lohnt es sich, die Werbebeispiele genauer zu betrachten. Ich habe zwei Werbungen, eine für einen Männerrasierer und eine andere für einen Frauenrasierer, als Beispiele gesucht:
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[youtube width=“425″ height=“355″]http://www.youtube.com/watch?v=DSCcdXyxmtQ[/youtube]
Bei der Gillette-Venus-Werbung sind vor allem zarte Pastellfarben wie lila, hellblau oder weiss zu sehen, während bei der Gillette-Fusion-Werbung eher dunkle, kräftige Farben – schwarz, dunkelblau, kräftiges Orange, silber – dominieren. In der Gillette-Venus-Werbung sind mehrere Frauen abgebildet, die sich in der freien Natur, mit sommerlichen Kleidchen bekleidet oder in der Unterwäsche, befinden und Seifenblasen pusten. (Mal im Ernst: Wann habt ihr das letzte Mal mit Freundinnen vor einem Wasserfall Seifenblasen gepustet?) Scheinbar federleicht und natürlich schön räkeln sich die Frauen am Strand beziehungsweise vor dem Wasserfall. Die Werbung besteht beinahe nur aus schönen Bildern. Die sensible Haut der Frauen soll möglichst wenig gereizt werden, das Ziel ist es, sich schöner zu fühlen durch die seidenglatte Haut. Ein Argument für den Kauf des Produktes ist die Einfachheit der Anwendung („so einfach wie nie zuvor“), da kein zusätzliches Rasiergel nötig ist. Die Hauptaussage der Werbung würde ich folgendermassen formulieren: Kauf den neuen Gillette Venus Breeze – damit fühlst du dich schöner!
Betrachten wir die Werbung für den Männerrasierer Gillette Fusion beziehungsweise Fusion Power: Bei dieser Werbung wird das Produkt vor allem mit Sport, Präzision und Kraft in Verbindung gebracht. Der Mann befindet sich in einer Sportumkleidekabine (oder so etwas Ähnliches), mit einem Handtuch um die Hüften geschwungen. Die zwei anderen Männer, Tiger Woods und Roger Federer, sind – anders als beim Werbespot für den Frauenrasierer – nicht die Freunde, sondern Profis, die dem rasierenden Mann „einen kleinen Schubs“ geben, damit dieser von seinem alten Gillette Rasierer zum neuen wechselt. Man(n) muss sich also vom Alten trennen, um im Leben vorwärts zu kommen. Und ganz wichtig: Das Rasieren wird hier als Erlebnis dargestellt („bis man[n] Gillette Fusion erlebt“). Zudem werden im Spot schematische Darstellungen und Erklärungen geliefert, weshalb der Rasierer gekauft werden soll: Die zusätzlichen und eng aneinander liegenden Klingen sollen eine gründlichere Rasur ermöglichen und weniger Hautirritationen hervorrufen.
Alle diese Details werden als Strategien ganz bewusst eingesetzt, um das Produkt besser zu verkaufen. Dass diese Marketingstrategien funktionieren, kann nicht geleugnet werden. Doch worauf ich im Grunde hinaus will: Ein und dasselbe Produkt wird auf zwei völlig unterschiedliche Arten vermarktet. Doch ist es nicht das Ziel beider Produkte, die Haut so wenig wie möglich zu reizen und eine gründliche Rasur zu ermöglichen? Durch die unterschiedlichen Werbespots werden Stereotypen vom Frau- beziehungsweise Mann-sein vermittelt, womit unsere Vorstellungen von Geschlecht stark beeinflusst werden. Da wir in allen möglichen Alltagssituationen auf diese Stereotype treffen, nehmen wir diese beeinflussende Wirkung kaum mehr wahr. Und genau aus diesem Grund scheint es mir lohnenswert, gerade alltägliche Situationen wie Werbespots etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Übrigens: Was ich besonders mag an solchen „geschlechterspezifischen“ Werbespots: Ich nenne es mal gedankliche Umkehrung. Stellt euch mal vor, drei Männer in Unterwäsche hüpfen vor einem Wasserfall herum, und weil sie sich mit ihrer seidenglatten Haut so schön fühlen – natürlich durch den neuen lila Gillette-Rasierer – pusten sie einige Seifenblasen in die Luft …
irina