TEAM CONSUMING GENDER: FRÜHLINGSDILEMMA
Von
Ach der Frühling ist wieder da, endlich! Das Wetter wird besser, die Sonne scheint und die Tage dauern wieder länger. Der Sommer kommt langsam! Natürlich haben wir dann Lust darauf, das Wetter zu geniessen und mit einem Eis in der Hand am Rhein (oder am Kanal), ein bisschen Sonne zu tanken. Wie schön! Ja, es wäre perfekt, wenn ich mich nicht schuldig fühlen würde.
Schuldig?! Warum fühle ich mich denn plötzlich schuldig? Wegen dieser Frau, die mich anstarrt und die mir ein schlechtes Gewissen macht. Ja, diese schöne, gebräunte, schlanke Frau auf dem Plakat, die ein Sommerkleid trägt und mir sagt, dass ich vielleicht kein Eis essen soll. Eigentlich muss sie es gar nicht sagen, denn die Botschaft, die sie transportiert, ist schon deutlich genug. Wie in vielen anderen Werbungen im Frühling werden wir auch von dieser Frau wieder darauf hingewiesen: der Sommer kommt, bereitet euch vor! Aber was bedeutet das eigentlich? Für mich bedeutet es einfach, dass ich hier sitze und mich frage: Eis oder kein Eis?
In unserer heutigen Gesellschaft ist die Schönheitsnorm klar definiert: Frauen müssen schlank sein. Egal ob sie groß oder klein sind, braune oder blaue Augen haben, dafür können sie ja nichts. Aber auf das Gewicht zu achten befindet sich im Rahmen des Möglichen, solange man sich nur ein bisschen Mühe gibt. Das ist es wenigstens, was uns im Frühling tagtäglich suggeriert wird. Man sieht es auf Modeplakaten und man liest es in Frauenzeitschriften, wo die Modelle, meistens halb ausgezogen, ihre Schlankheit präsentieren. Die Lösung dieses Problems steht gleich daneben und ist ein echter Verkaufsschlager: Diät, Diät und nochmals Diät.
Ja, der Frühling ist die Diätjahreszeit. Schlankheit wird hier für Frauen zur Pflicht. In fast allen Frauenzeitschriften kann man Tipps und Ratschläge finden, um Gewicht zu verlieren, die richtige Diät zu finden oder die Cellulitis zu bekämpfen. Was für ein Programm! Wenigstens wird versprochen, dass man bis zum Sommer noch genügend Zeit hat, um perfekt auszusehen.
Natürlich werden wir nicht nur im Frühling daran erinnert, heutzutage gibt es das ganze Jahr über Light-Produkte in den Supermärkten. Diese Produkte oder zumindest die Werbungen, die diese Produkte anpreisen, sind oft frauenorientiert. Es ist nicht unüblich, eine weibliche Silhouette auf Verpackungen für Joghurts oder Müslis zu finden. Noch eindeutiger sind Mineralwasser, die als Diätunterstützung verkauft werden. Selbst die Flaschen sollen uns an den „idealen“ Frauenkörper erinnern und manchmal tragen sie sogar Bikinis!
Diese Pflicht, auf die Figur zu achten, scheint aber komischerweise nur Frauen zu betreffen und wird im Frühling noch verstärkt, da der Sommer bevorsteht. Inzwischen gibt es schon ein paar Produkte, die jetzt auch Männer ansprechen wollen. Es wäre interessant, sich damit zu beschäftigen, wie oder in welcher Form diese Produkte verkauft werden, da dünn zu sein heutzutage nicht mit Männlichkeit verbunden wird.
Jeden Frühling ist es das Gleiche, Frauen werden (in)direkt angewiesen, sich um ihre Figur zu kümmern. Ein ganzer Wirtschaftszweig stützt sich darauf. Deswegen denke ich, dass es sich auch in den nächsten Jahren wiederholen wird. Gibt es nichts, das man dagegen tun kann? Mir fällt keine wirkliche Lösung ein, aber ich denke schon, dass man mit Kleinigkeiten etwas bewegen kann. Zum Beispiel kann man versuchen, diese Schönheitsnorm nicht zu unterstützen, diese Frauenzeitschriften nicht zu kaufen oder, wenn wir Lust dazu haben, einfach auch für alle gut sichtbar … Eis zu essen!
Ophélie