„I’ll take you to the candy shop and let you lick the lollipop. Go’head girl, don’t you stop. Keep going ‘til you hit the spot, woah”. So beginnt eines der erfolgreichsten HipHop-Songs von 50 Cent –„Candy Shop”. Aber mal ehrlich: Als dieses Lied veröffentlicht wurde, waren wir uns wirklich schon bewusst, wovon  er da gesungen hat? Wahrscheinlich nicht, denn sonst hätten wir uns nicht in unser Zimmer verkrochen, um bei voller Lautstärke stundenlang dieses Lied zu hören und unsere Körper rhythmisch zum Takt mitzubewegen. Diejenigen, die sich Tag und Nacht vor den Fernseher setzten und sich das Video zu „Candy Shop“ auf den damals zahlreich vorhandenen Musiksendern reinzogen, konnten erkennen, woran sich 50Cent, Vertreter vieler HipHop-Stars, (noch) bediente. Schnittige Autos, kurvige Frauen in knappen Outfits (falls überhaupt vorhanden) und Dollar-Scheine wohin das Auge reicht.

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Doch was kann man aus HipHop-Songs wie diesem herauslesen, wenn man sie aus einer feministischen Perspektive betrachtet? Um dies herauszufinden, möchte ich das oben vorgestellte Lied analysieren.

Es ist spät in der Nacht (oder früh am Morgen), als ein roter, bonziger Sportwagen in die Hofeinfahrt eines Schlosses einkehrt und vor der Haustür stoppt. Selbstverständlich steigt ein sportlich und mit Übergrössen gekleideter 50Cent aus dem Fahrzeug. Es öffnet sich die eiserne Tür des Hauses und tadaaaaa: gleich mehrere, spärlich bekleidete, High Heels tragende, afroamerikanische Frauen erwarten ihn. Der Rapper betritt einen Raum nach dem anderen, in welchen jeweils eine andere Frau auf ihn wartet, um ihn zu verführen, zu umtanzen, zu befriedigen. Ein Raum ist mit rotem Samt ausgekleidet, während sich die Frau in einem lackig-rosaroten Mini-Krankenschwesteroutfit um 50Cent wälzt, der auf einer Untersuchungsliege, wie wir sie bei dem Doktor kennen, sitzt (und ganz nebenbei rappt: „Got the magic stick, I’m your love doctor“). Eine weitere Frau wartet ebenfalls in einem rosaroten Lack-Outfit auf ihn, als er einen dunklen, mit Kerzen beleuchteten Raum betritt. Sie begrüsst ihn mit einer Peitsche, die sie in die Luft schlägt. Und was natürlich in der Fantasie eines Mannes nicht fehlen darf, sind zwei sich in der Badewanne räkelnde Frauen, die sich gegenseitig mit flüssiger Schokolade beträufeln, als 50Cent zu ihnen stösst. Am Ende des Clips stellt sich heraus, dass dies alles nur ein Traum des Rappers war, der auf seine Hamburger wartete.

Lauter klischeehafte, sexuelle Männerfantasien also.

Die sich räkelnden und halbnackten Frauen sind ein immer gern gesehenes Objekt in solchen Videos. Ja, ihr seht richtig, ich spreche hier von Frauen als Objekten, da sie nicht als Menschen, sondern als ein den Mann befriedigendes, sich sexualisierendes Ding darstellen. Die knappen Miniröcke, die kaum vorhandenen und BHs und die 20cm hohen Absätze ihrer Schuhe lassen die Frauen als verdinglichte und im Mann sexuelle Fantasien befriedigende Wesen erscheinen. Die vergrösserten Brüste, die im Video hin und wieder fast aus dem Monitor springen, zeigen meiner Meinung nach die Reduzierung der Frauen auf das Äussere. Die unterschiedlichen Räume, die 50Cent besucht und die Tatsache, dass in jedem Raum eine andere Frau darauf wartet ihn zu verführen, lässt darauf schliessen, dass es sich um ein Bordell handelt. Aber nein nein, sicher nicht irgendein Bordell. Ein Bordell für (erfolg)reiche Rapper mit einem überdimensionalen Fuhrpark, mehr als zwei Luxusvillen in den In-Städten Nordamerikas und einem Privatjet. (Ja, ich weiss, klingt schon sehr klischeehaft, aber ist es nicht das, womit die Künstler aus nicht nur dieser Szene in den Medien prahlen?)

Interessant ist auch, dass er von seinem Penis als „magic stick“ und „lollipop“ spricht, den die Frau, die er mit seinen Lyrics anspricht, ablecken und in den Mund nehmen soll. Das erinnert mich an den Diskurs des Phallozentrismus, welcher davon handelt, dass aufgrund der oft angenommenen einzigen aktiven Erzeugerrolle des Mannes sein Geschlechtsteil ein mächtiges Körperglied ist, dem die Frau dienen oder Gutes tun sollte. Neben einem Blowjob spricht der Rapper ausserdem von der Art und Weise, wie sie es ihm besorgen sollte – um dies gelinde auszudrücken:

„Wanna show me how you work it baby, no problem
Get on top then get to bouncing round like a low rider
I’m a seasons vet when it come to this shit
After you work up a sweat you can play with the stick
I’m trying to explain baby the best way I can

I melt in your mouth girl, not in your hands (ha ha)”

Ganz anders also als in Lady Bitch Rays Musikclip von „Du bist krank“, wie Betty Blonde euch aufklärt, stellt die Frau in den Musikvideos und Texten von zahlreichen Rappern, jemanden – oder sollte ich doch sagen „etwas“? – dar, der/die/das genommen werden will und auch genommen werden kann – nicht zu vergessen am besten auch noch von hinten, wie es bei 50Cent in einer Strophe von „Candy Shop“ heisst.

Ja, Videos dieser Art sollen dem Zweck der Unterhaltung dienen. Aber mal ganz ehrlich: Wer genau wird mit diesen Clips unterhalten? Doch nur die Herren! Und wo werden Frauen derartig unterhalten? Mir fällt jedenfalls gerade nichts ein, aber vielleicht euch?

Bis bald, eure Brandy Brown