Sehr geehrter Herr Stankowsky, Es ist mir ungeheuer peinlich, dass ich sie auf der Beerdigung ihrer frau so verwirrt habe. Es war unverschämt von mir. Sie verabschieden sich von ihrer frau sind totunglücklich und dann taucht da so eine junge Unbekannte auf, die sie noch nie gesehen haben und sagt dann auch noch alles gute statt mein beileid. Ich konnte ihr befremden ob meiner anwesenheit erkennen und auch, dass sie sich wunderten da ich weinte als hätte ich ihre frau gekannt. Es tut mir leid. Ich habe ihre frau nicht gekannt. Mein name ist vanessa stern und ich bin schauspielerin am schauspiel köln. Ich spiele demnächst die ophelia im hamlet und sehen sie, da muss ich meinen vater beerdigen. Es ist eine sehr kurze szene und ich werde verrückt. Der regisseur hat sehr viel mit hamlet zu tun und dem darsteller des laertes, der frustriert ist, dass er nicht den hamlet spielt und dem polonius, der selber gern regie führen würde. So versuchte ich meine rolle, also den wahnsinn, zuhause in meiner freizeit zu erarbeiten und da es schon sehr lange her ist, dass ich meine mutter beerdigt habe und da ich die erinnerung weitgehendst verdrängt habe, so habe ich in einer auswegslosen situation mir nicht anders zu helfen gewusst als in der zeitung nach einer beerdigung ausschau zu halten, um mir überhaupt klar zu machen was das bedeutet. Es tut mir leid, dass ich in so einem wichtigen moment in ihrem leben einfach so aufgetaucht bin. Es war pietätslos von mir und unglaublich ehrgeizig. Wenn ich mich wenigstens im hintergrund aufgehalten hätte. Aber die gruppe zog mich in die reihe und so kam es dazu, dass ich ihnen auch noch so unpassend die hand gab. Herr stankowsky, es tut mir leid. Ich glaube ich habe zu viele von diesen amerikanische filme gesehen, wissen sie, diese filme in denen menschen so an sich arbeiten und dann kommen sie ganz gross raus. Jedenfalls dachte ich wenn ich alles gebe, dann kann ich aus einer kleinen rolle wie der der ophelia ganz ganz viel machen und so wurde ich zur blinden passagierin auf der beerdigung ihrer frau. Ich hoffe sie konnten die beerdigung trotzdem genießen und waren nicht zu sehr abgelenkt von meiner person. Ich weiß, so einen fehler kann man nicht gut machen. Trotzdem lege ich ihnen als entschuldigung zwei freikarten für die hamletvorstellung bei. Meine ophelia ist leider blass geraten, aber das hat nichts mit ihrer frau zu tun, daran ist shakespeare schuld, behaupte ich, ich habe getan was ich konnte. Vielleicht interessiert sie die inszenierung ja trotzdem, wenn nicht, werfen sie die karten weg und verzeihen sie mir. Es wird nicht wieder vorkommen. Ich wünsche ihnen weiterhin alles gute,

ihre vanessa stern