Knall den Herbst weg Vol. 1
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Es oktobert schon ziemlich, als tAMtAM – dem Schwermut entgegnend – die MISSY PRÄSENTIERT-Rubrik stalkt. Auf der Suche nach etwas, was diesen grauen Berliner Herbst-Mief wegknallt. Aber so richtig DISCH-PÄM-BAM-BAM-BAM bitteschön.
Getestet wird: Die Band Me and My Drummer, bestehend aus Charlotte Brandi (Gesang, Tasten) und Matze Pröllochs (alles was klopft), die am 10. Oktober den Neuköllner Heimathafen bespielt. Weitere Tourtermine bitte hier nachgucken.
Der Laden ist ausverkauft und dennoch nicht überfüllt. Pünktlich um 21 Uhr tritt ein Typ mit Klampfe auf die Bühne, der seine Musik unter dem Namen And the Golden Choir vertickt, was tAMtAM einigermaßen kurios findet, weil dieser goldene Chor nur in Form einer schwarzen Schallplatte anwesend ist.
Erinnert an Musikantenstadl, sieht aus wie Conor Oberst und klingt auch noch nach Bright Eyes mit einem Tick Calexico vielleicht und einer Prise Radiohead. (Oh Schublade, du schönstes Wesen im menschlichen Orientierungssystem.)
Nachdem eindrucksvoll demonstriert wurde, dass das Half-Playback heutzutage offenbar wieder salonfähig sein soll, betreten um exakt 22.02 Uhr Me and My Drummer die Bühne, die sie um 23.07 Uhr wieder verlassen werden. In der kommenden Stunde geht es hauptsächlich um…
und natürlich um…
Wie das klingt? tAMtAM empfiehlt den SoundCloud-Account des Labels Sinnbus, bei dem die beiden unter Vertrag sind, um nicht schon wieder in die Das-hört-sich-an-wie-eine-Mischung-aus-…-und-…-wenn-man-die-frühe-Phase-von-…-dazudenkt-Falle zu tappen. Was man da leider nicht nachhören kann, sind die wunderbar planlosen Ansagen zwischen den Songs, die am Anfang sympathisch und am Ende sympathisch und ein bisschen peinlich sind. Und das Radiohead-Cover von irgendwo im letzten Drittel, Where I end and You begin.
Weil tAMtAM bei der ganzen Sache ein bisschen befangen ist, seit beim Rolling Stone ein ganz schlimmer Artikel über diesen Abend erschien, nach dessen Lektüre ein normal gestrickter Mensch eigentlich überhaupt gar nichts mehr zu jedweder Form von konzertanten Erscheinungen sagen will, kitzelte tAMtAM die letzten Satz-Bröckchen aus seinem Gast-Reporter Il Dentone (der Zähnige – ohne Gästelisten-Platz, voller Abendkassen-Preis) heraus:
„Nach den ersten fünf, sechs Songs dachte ich: Die wollen mich verarschen. Schon wieder eine dieser Sängerinnen, die süße Pop-Melodien über langweilige Synthi-Flächen singt. Und den Leuten gefällts auch noch. Gott sei Dank (sag ich als Heide) kriegen die beiden nochmal die Kurve. Das ist vor allem auf dem Mist von Matze Bla gewachsen. Ich habe selten so einen gefühlvollen, tighten Typen hinter der Klappermaschine gesehen. Jetzt holen sie auf einmal die Songs raus, die kicken und grooven. Und selbst Charlotte besinnt sich und fängt endlich an, wirklich zu singen, nachdem sie ihre Synthis gegen treibende Klavier-Linien eintauscht oder komplett auf a capella umsteigt.
Aber zum Schluss nochmal die Frage: Wer zur Hölle hat denn bitte diese Setlist angeordnet – der Roadie? Alles in allem also ein zwiespältiger Abend.“
tAMtAM bedankt sich bei Il Dentone (dem Zähnigen – ohne Gästelisten-Platz, voller Abendkassen-Preis) für diesen aufschlussreichen Einwurf.
Der triefige Herbst wurde übrigens vor allem bei dem einen Lied mit dem ewig langen Schlagzeug-Solo, das neu war und von dem tAMtAM leider vergessen hat, wie es hieß, sehr überzeugend weggeknallt.
Leider kam er am nächsten Tag sofort wieder zurück. Und die Suche nach Gegengift dauert an.