Sie macht seit Jahrzehnten Tausende Familien im Weihnachtstaumel glücklich – Familien vor allem im Osten Deutschlands. „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ ist die sozialistische Variante des Märchenklassikers der Gebrüder Grimm.

Illustration: Elisabeth Moch

1973 als Koproduktion der DDR mit der ČSSR entstanden, ist das Aschenbrödel darin keins, das einzig an den Prinzen denkt und ihre Zeit mit Träumereien über eine Hochzeit verschwendet. Diese junge Frau ist vielmehr vollkommen in ihr Pferd verknallt: „Nikolaus gefällt mir von ­allen am besten!“ Als Besuch vom König am Hof ­erwartet wird, verdrückt sich Aschenbrödel erst mal, um ihre Ruhe zu haben. Und um ihre Eule Rosalie zu sehen, die ihre Schätze bewacht. Ja, seltsam: Rosalie spricht mit ihr.
Zufällig trifft sie beim Reiten dann den Prinzen und haut ihm erst mal einen gut platzierten Schneeball vor den Latz, zieht ihm anschließend die Mütze über die Ohren und klaut sein Pferd. Nicht so ladylike. Später, als die drei Haselnüsse zum Einsatz kommen, ist ihr Outfit kein schickes Kleid, sondern eine Jagdmontur, in der sie als Knabe verkleidet den Prinzen im Armbrustschießen schlägt.

 

Zum Ball geht sie natürlich trotzdem, weil der Prinz doch nicht so uninteressant ist. Statt Liebesschwüre gibt sie ihm allerdings ein Rätsel mit: „Die Wangen sind mit Asche beschmutzt, aber der Schornsteinfeger ist es nicht. Ein Hütchen mit Federn, Armbrust über der Schulter, aber ein Jäger ist es nicht.“ Ja, auch dieses Aschenbrödel ist schön und eine gute Hausfrau. Aber sie ist auch frech, schießt besser als der Prinz und kann die wildesten Pferde reiten. In einer Welt, in der Prinzessinnen sich sonst schüchtern und gepflegt geben, war das sozialistische Aschenbrödel eine echte Rettung.

 

„Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ von Václav Vorlícek läuft jedes Jahr zur Weihnachtszeit auf den öffentlich-rechtlichen Sendern. Seit 2009 gibt es auf Schloss Moritzburg eine Dauerausstellung zum Film – mit über 300.000 BesucherInnen bisher.