Im Namen des Herren
Von
Die Heuchelei der katholischen Kirche ist Thema zweier intensiver Filme, die bislang im Wettbewerb liefen…
Małgośka Szumowska, die mich im letzten Jahr mit ihrem Angriff auf die bürgerliche Doppelmoral in ihrem Film „Elle“ begeisterte, hat sich erneut ein heikles Thema ausgesucht: Homosexuelle Priester. Auf der Pressekonferenz erzählte die toughe Regisseurin, sie wäre durch einen Zeitungsartikel, in dem es hieß, ein Junge habe einen Priester umgebracht, auf die Idee für ihren Film gekommen. Keiner wusste warum. Was mochte wohl dahinterstecken? Gibt es wohl noch viel einsamere Menschen auf Erden als die katholischen Diener Gottes, fragte sich Szumowska. Das brandheiße Thema ließ sie nicht mehr los und so ersann die polnische Filmemacherin die Geschichte von Adam, einem Priester, der sich sehr wohl seiner Homosexualität bewusst ist. In der tiefsten, intolerantesten Provinz, wunderbar eingefangen von Kameramann Michel Englert, leitet er ein Heim für schwer erziehbare Jungen. Und er macht seinen Job gut, seine sexuelle Neigung hält er mit ausgiebigen Joggen und Alkoholabstinenz im Griff.
Den Avancen der sündhaften Ewa, die ihn zu „Some broken hearts never mend“ zum ersten Mal auf die Tanzfläche zerrt, kann er mit Hinweis auf das Zölibat problemlos entkommen. Aber seine Gefühle für den sanften Dorfbewohner Lukasz kann er immer weniger bekämpfen. Als der schwule Adrian zu der pöbelnden und kiffenden Jungsbande stößt, gerät Adam ob seiner eigenen Heuchelei in immer größere Gewissenskonflikte…..
Schonungslos, aber mit viel Sympathie für ihre Hauptfigur, zeigt Szumskowa die unmenschliche Verlogenheit der katholischen Kirche – für mich auf jeden Fall ein erster Bärenanwärter…
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Ebenfalls mit den Abgründen und der Bigotterie des Katholizismus setzt sich der Film „Die Nonne“ von Guillaume Nicloux auseinander. Die Wiederverfilmung von Diderots Aufklärungsroman „La Religieuse“ – in dem es um ein junges Mädchen geht, dass gegen ihren Willen Nonne wird – wartet aber dieses Mal statt mit Liselotte Pulver mit einer hochkarätigen, jungen Schauspielerin auf: Pauline Etienne. Die Belgierin, die die Tochter von Juliette Binoche sein könnte, trägt die Botschaft dieses intensiven Films auf ihren zierlichen Schultern: Lebe selbstbestimmt! Kämpfe um Deine persönliche Freiheit – auch unter widrigsten Umständen! An ihrem feinen Mienenspiel kann frau sich einfach nicht sattsehen, aber auch die von Nonnenschleiern umhüllten Gesichter der sadistischen Ordensmutter (Louise Bourgoin) und ihrer späteren seelischen Peinigerin – eine übergriffige lesbische Oberin (Isabelle Huppert), wird frau so schnell nicht vergessen. „Die Welt braucht sie“, sagt ein Priester, der selbst in den Dienst der Kirche gezwungen wurde, es aber nie gewagt hat, zu rebellieren. Dann überreicht er ihr den Schlüssel in die Freiheit.
Eine goldene Trophäe hätte die wie eine Bärin um ihre Selbstbestimmung kämpfende Pauline Etienne allemal verdient….
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