In Wiesbaden beginnt am Mittwoch das „goEast – Filmfestival“ und widmet sich dieses Jahr schwerpunktmäßig dem Thema „Geschlechterrollen“.

Logo: goEast Filmfestival

 

Nervenkitzel, Nonkonformismus, Emanzipation und Utopie: Die 13. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films macht Programm unter dem Motto „Jetzt schlägt‘s 13!“. Vom 10. bis 16. April präsentiert das vom Deutschen Filminstitut veranstaltete Festival in Wiesbaden die gesamte Vielfalt des Kinos aus Mittel- und Osteuropa: Es zeigt neben aktuellen Autorenfilmen auch Genrekino, führt auf die Spuren der jugoslawischen Schwarzen Welle sowie zum Filmschaffen des ungarischen Regisseurs Miklós Jancsó und beleuchtet die Geschlechterverhältnisse in Mittel- und Osteuropa.

In diesem Jahr nimmt sich die Festivalrubrik „Beyond Belonging“ einem Thema an, das vor allem Missy-LeserInnen interessieren dürfte: Im Gender Check! werden Filme unter die Lupe genommen, die sich mit den Geschlechterverhältnissen in mittel- und osteuropäischen Ländern auseinandersetzten. Diese Festivalsparte legt dabei weniger Wert auf das Land der Produktion, viel entscheidender ist hier der explizite Bezug zur Region Mittel- und Osteuropas. Die gezeigten Filme behandeln Rollenbilder, Beziehungsmodelle und Ansichten über Sexualität unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Veränderung und Entwicklung von früher bis heute.

Das Programm ist vielseitig und aufschlussreich, reicht von modernen Klassikern wie Ernst Lubitschs „Ninotchka“ zu unbekannteren Avantgarde-Filmen wie „Tausendschönchen – Kein Märchen“ von der tschechoslowakischen Regisseurin Věra Chytilová, dessen entzückende Protagonistinnen schon für die Bildstrecke des Dossiers der letzten Missy-Ausgabe herhalten mussten. Aber auch aktuelle Spielfilme finden sich im Festivalprogramm: „Tiger in der Stadt“, ein Film in den die Rollenzuweisungen auf den Kopf gestellt werden und bei dem vieles anders ist, als gedacht, feiert auf dem Filmfest unter Anwesenheit des Regisseurs Premiere; gezeigt wird auch der polnische Film „Im Namen des…“ von Małgorzata Szumowskas, eine Mixtur aus Romantik-Drama, Witz und Pop, der bereits auf der Berlinale erfolgreich lief und mit dem Teddy-Award ausgezeichnet wurde.

Filmstill: Tausendschönchen

Am 13. April um 18 Uhr findet ergänzend zum Filmprogramm eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Gender Trouble im aktuellen osteuropäischen Kino?“  statt, bei der sowohl einige FilmemacherInnen von der Partie sind als auch die kroatische Gender-Theoretikerin und Aktivistin Mima Simić. Spannend klingt die Veranstaltung allemal:

Der staatlich proklamierten Gleichstellung von Frauen und Männern im Sozialismus folgten insbesondere im postsowjetischen Raum Backlash und Retraditionalisierung. So agieren feministische Gruppen in Russland, Weißrussland und der Ukraine überwiegend in repressiven Zusammenhängen, die religiös-ideologisch verankert sind. Nicht zuletzt der Prozess gegen die Aktivistinnen der Gruppe Pussy Riot hat dies deutlich gemacht.

Auf dem Balkan und im Kaukasus hatten wiederum bewaffnete Konflikte direkten Einfluss auf die Geschlechterbilder – zahlreiche Filme haben dies zum Thema gemacht, etwa wie die Arbeiten der beiden bosnischen Regisseurinnen Aida Begić und Jasmila Žbanić zeigen. In Mitteleuropa, beispielsweise Polen, sieht es wieder anders aus … Zahlreiche Filme aus Mittel- und Osteuropa befassen sich mal offensiv, mal spielerisch mit dem gewandelten Blick auf Sexualität, Intimität und Beziehungen – Anlass genug, sich mit einer Podiumsdiskussion dem Thema zu widmen: Wie reagieren FilmemacherInnen auf sich verändernde Geschlechteridentitäten und Sexualitätsverständnisse? Wie behandeln sie gesellschaftliche Ambivalenzen und Ausdifferenzierungsprozesse anhand dieser Themen – kurzum: Wie werden Geschlechterrollen in ihren Filmen gespiegelt oder auch unterlaufen und aufgebrochen? Diese und ähnliche Fragen sollen mit FilmemacherInnen und TheoretikerInnen diskutiert werden.

 

Wann & Wo?

Von 10. bis 16. April in verschiedenen Kinos der Stadt Wiesbaden.

Das komplette Programm mit Infos zu den Filmen findet ihr hier.