Masturbation als direktes Ticket in die Hölle? Eine amerikanische Anti-Masturbationsbewegung versucht die Welt davon zu überzeugen, dass Selbstbefriedigung zu Vergewaltigung, Krankheit und dem Weltuntergang führt. Handelt es sich dabei um einen Hoax oder um lustfeindliche Propaganda?

Es ist eine Welt, in der Brad Pitt durchs Masturbieren erblindet, in der ein Delphin die Kinder vor der „Selbstvergewaltigung“ bewahren soll und man es vorzieht, sich mit einem „fist-bump“ statt einem Händeschütteln zu begrüßen, um dem Kontakt mit dem sündigen Körperteil zu entgehen. Die Gruppierung „Stop Masturbation Now“ aus den USA hat ihr Feindbild gefunden: die Masturbierenden. Darunter finden sich vor allem Homos, KanadierInnen, Ungläubige, Schwarze, AsiatInnen und alle anderen „Nicht-Normalen“.

Die Lösungsvorschläge, um sich vom Bösen abzuwenden, sind vielfältig: Die Häftlinge in Guantanamo Bay freilassen und die „Sünder“ nach Kuba schicken, die gleichrassige Ehe aufwerten, Kanada (das Land der Sündenden) einnehmen oder 24 Stunden am Tag Nickelback hören, da dies angeblich die Libido zum Verschwinden bringen soll. Wer etwas Handfesteres braucht, dem rät Lonnie Childs, der Betreiber der entsprechenden Facebook-Seite, zum Kauf eines Elektro-Knasts für den „Zauberstab des Teufels“, der wie folgt funktioniert: „If your sin stick becomes enlarged you receive a mild electrical shock until it subsides.“ Das Ganze gibt’s natürlich auch für „satan’s doorbell“, mit der archaischen Bezeichung „the blades“, wodurch Frauen ihre „sin cave“ nicht mehr erreichen können.

Die Posts auf der Seite überbieten sich in diesem Maße an Absurdität. Die Sache ernst zu nehmen fällt nicht gerade einfach. Wie soll man sich schließlich ein Schmunzeln verdrücken, wenn sie einem versuchen weis zu machen, dass eine Brücke in Washington eingestürzt ist wegen der „masturbation vibrations“? Um die Ernsthaftigkeit zu unterstreichen, geht „Fappy the Anti-Masturbation Dolphin“ angeblich auf Schultour. Dort soll er den Kindern beibringen, dass Selbstbefriedigung zu Krankheit und Vergewaltigung führt.

Die MissionarInnen bekommen nun Unterstützung vom Milliarden-Konzern Monsanto, der Saatgut, Herbizide und gentechnisch veränderte Lebensmittel herstellt. Die Seite von „Stop Masturbation Now“ erhofft sich dabei neben dem finanziellen Segen, dass Monsanto eines Tages Arme genetisch verkürzen könne (um den Ort des Bösen nicht mehr zu erreichen). Welchen Vorteil Monsanto dabei entstehen sollte, bleibt unklar. Verbünden sich hier konservative FanatikerInnen mit einem kapitalistischen Großkonzern? Die Floskel der „familiären Werte“ wird herangezogen, um für ein verantwortungsvolles Leben und Wirtschaften zu werben. Körperliche Unterdrückung statt Selbstbestimmung wird als Heilmittel verschrieben. Das Ganze wird versüßt mit einer abstoßenden Mischung aus Rassismus und Sexismus.

Und gibt es nun eine Auflösung? Handelt es sich um eine völlig abstruse lustfeindliche Propaganda oder um einen Internet-Hoax? Viele Zeichen deuten auf Letzteres, jedoch ist das gezeichnete Szenario, wenn auch völlig überspitzt, nicht so weit entfernt von realen Zuständen. Gro0unternehmen, die konservative Abtreibungsgegner_innen, Homohasser_innen und Frauenfeinde unterstützen, sind an der Tagesordnung. Die Verstrickung von Sexismus und Rassismus ist ein beliebtes Mittel der konservativen Propagandamaschinerie und lustfeindliche Diskurse sind trotz der allgegenwertigen Sexualisierung der Gesellschaft noch immer salonfähig.

Am Schluss bleibt der Hinweis darauf, dass alle „maple syrup masturbators“ in die Hölle kommen. Man muss sich nun nur noch für den schnellsten Weg dahin entscheiden: sei es durch „board waxing“, „spelunking in the mistery cave“ oder doch lieber durch das Klingeln an „satan’s doorbell“.

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Alex