Illustration: Sharmila Banerjee

Für einen Moment herrscht entgeisterte Stille und alle Augen um den Tisch haften an Ethel, dem neuen Zimmermädchen. „Es gibt Crêpes Suzette? Die wollte ich immer schon probieren. Könnten Sie mir welche aufheben?“

Mrs. Patmore, die Köchin, versteht erst gar nicht, was Ethel meint, so abwegig scheint der Gedanke, eine der Bediensteten könnte das kosten, was den Herrschaften oben serviert wird. Erst nach einem Moment erlangt sie ihre Contenance wieder und staucht die Neue zurecht.

„Oben“ und „unten“, das sind in der britischen Serie „Downton Abbey“ zwei Welten, verbunden nur von einem Klingelsystem, mit dem die Herrschaften aus den Gemächern im Obergeschoss nach ihrem Frühstück leuten. Im England von King George V. um das Jahr 1914 beschäftigen adelige Familien wie die Crowleys, EigentümerInnen von Downton Abbey, noch ein kleines Heer von Bediensteten, die sich mehr als glücklich schätzen können, den Lordschaften beim Ankleiden zu helfen, die Zeitung aufbügeln oder das Silber polieren zu dürfen.

Die Serie ist einer der größten Publikumserfolge der letzten Jahre, schätzungsweise 120 Millionen ZuschauerInnen auf der ganzen Welt haben die ersten drei Staffeln des Historiendramas gesehen. Kritische Stimmen werfen Autor Julian Fellowes (der für „Gosford Park“ bereits den Oskar gewann) vor, eine ekelhafte Sehnsucht für den britischen Spätfeudalismus zu befriedigen, eine Welt, in der die Dinge von Klasse und Stand noch klar geregelt sind. Ebenso gut könnte man „Downton Abbey“ aber als eine Art Horrorkabinett betrachten, das den Rückblick in eine Zeit gewährt, in der es gerade für Frauen, egal welchen Standes, wenig gab, was nostalgisch stimmen würde. Wie Lady Mary, älteste Tochter der Crowleys, einmal sagt: „Frauen wie ich haben kein Leben. Wir wählen Kleider, statten Besuche ab und debütieren. In Wirklichkeit stecken wir aber in einem Wartesaal fest, bis wir heiraten.“

Der Umbruch in eine andere Zeit steht unmittelbar bevor, und auch Mary und ihre Schwestern machen Versuche, aus ihrem goldenen Käfig auszubrechen. Es ist die Zeit der Kämpfe um das Frauenwahlrecht, die Sibyl gespannt verfolgt. Edith lernt Autofahren und will als Journalistin arbeiten. Die Serie begleitet ihre Wünsche und Sorgen mit ebenso großer Sorgfalt wie diejenigen der Küchenhilfe Daisy oder des Zimmermädchens Anna und verwebt diese Stränge kunstvoll zu einem dichten Geflecht. Am Ende werden jedoch alle Charaktere von den ungeschriebenen und geschriebenen Gesetzen der Epoche wieder an ihren Platz verwiesen: nach unten und nach oben, ins goldene Wartezimmer oder in die Küche.

Die Crêpes Suzette, die nach dem Abendessen tatsächlich übrig bleiben, verfüttert Mrs. Patmore an den Hund von Lord Crowley. Wo kämen wir denn hin, wenn am Ende ein einfaches Zimmermädchen den herrschaftlichen Nachtisch kostet. Womöglich in eine egalitäre Demokratie!

Die ITV-Produktion „Downton Abbey“ ist eine der erfolgreichsten Serienexporte der britischen Fernsehgeschichte. In Deutschland sind die ersten beiden Staffeln auf DVD erhältlich.
Nachkochen? Bittschön!
Für 4 standesgemäß Hungrige:

Crêpes
//2 Eier
//200 ml Milch
//50 g zerlassene Butter
//100 g Mehl
//1 Prise Salz
//3 Orangen
//2 El Öl

Sauce
//50 g Zucker
//2 El Butter
//6 El Orangenlikör

Zubereitung:

Eier, Milch, die zerlassene, lauwarme Butter, das Mehl und 1 Prise Salz in eine Schüssel geben und mit einen Schaumbesen verquirlen. 20 Minuten quellen lassen.

Die Schale von 1 Bio-Orange abreiben und den Saft auspressen. Die anderen beiden Orangen schälen und filetieren.

Eine Pfanne mit etwas Öl ausstreichen, eine kleine Kelle Teig hinein geben und gleichmäßig verteilen. Crêpe auf beiden Seiten bei mittlerer Hitze hellbraun backen. Die fertigen Crêpes aus der Pfanne gleiten lassen, zu Vierteln zusammenklappen und auf einem Teller warm stellen.

Für die Sauce den Zucker und 2 EL Butter in der Pfanne schmelzen, den Saft der Orange zugeben und kurz einkochen lassen. Die Pfanne vom Herd nehmen, die gefalteten Crêpes nebeneinander hineinlegen, mit etwas Sauce beträufeln und einige Minuten ziehen lassen.

Am Ende der pyrotechnische Teil: 6 EL Orangenlikör zugeben und – anzünden! Vorsichtig, damit ihr euch nicht die Pfoten verbrennt. Das Ganze flambieren bis die Flamme von selbst erlischt. Jetzt noch Orangenschale und -filets vorsichtig unterheben. Heiß servieren. Spektakulär lecker.