Statement des Vereins für trans-, intergeschlechtliche und queer lebende Menschen in Berlin zu fünf Jahren Queer-Feminismus

Foto: TransInterQueer e.V.

Als TransInterQueer e.V. als hauptsächlich weißer Verein Trans* Inter* queerer Menschen aus der Berliner Bubble wurden wir gefragt, was sich aus unserer Sicht in den letzten fünf Jahren in der queer-feministischen Szene denn so bewegt hat. Daraufhin warfen eine Handvoll Menschen Gedanken dazu in den Raum. Derzeit ist eben dieser Handvoll noch die anhaltende Debatte um den Ausschluss von qtPOC in queeren Räumen präsent. Rückblickend bewegten sich vor allem Demos gegen Papst und Abtreibungsgegner_innen, aber auch die Debatte um die Wiederkehr männlicher Performance in queer-feministischen Zusammenhängen, welche wiederum Ausgangspunkt einer neuen Femme Bewegung war.

Das Versprechen des Queer-Feminismus auf eine Befreiung aus der Gefangenschaft einer binären Geschlechterordnung ist für viele, ob persönlich oder kollektiv, weitgehend uneingelöst geblieben. Und so scheint es, als sei mit dem Rückbesinnen auf die kleinen Schritte und den Pragmatismus die Utopie des Projektes mitunter verloren gegangen. Ob das Projekt als solches gescheitert ist, können wir sicherlich nicht abschließend sagen.

Für trans*Menschen bedeutet dies jedoch immer wieder Auseinandersetzungen mit binären Strukturen queer-feministischer Kontexte, in denen gender eigentlich dekonstruiert werden sollte. Was zum Beispiel bedeutet, dass trans*Weiblichkeiten häufig der Zugang verwehrt wird, in dem sie auf einen vermeintlich männlichen Körper reduziert werden, während trans*Männlichkeiten wiederum explizit willkommen geheißen werden, da ihnen ein angeblich weiblicher Körper zugesprochen wird. Durch derlei binäre biologistische Vorstellungen von Körpern werden nicht zuletzt auch in queer-feministischen Räumen die transphoben Ausschlüsse der Mehrheitsgesellschaft reproduziert. Die Vielfalt von trans*Körpern findet darin selten ausreichend Raum und wenn dann eher als das exostisierte Andere.

Vor diesem Hintergrund sollte es eigentlich nachvollziehbar sein, dass für trans*Menschen der eigene Körper im Kampf um Anerkennung des eigenen Daseins dazu gehört, und eine völlige (De)Konstruktion von Gender die Realität mit der trans*Menschen konfrontiert sind, vernachlässigt. Das soll nicht heißen, dass Geschlechter determiniert sind, sondern vielmehr, dass Gender(De)Konstruktionen nicht jenseits unserer Körper verlaufen.

Noch immer wird viel zu selten der Blick darauf gelenkt, was in queer-feministischen Kritiken nicht mitgedacht wird. Trans*Menschen sind beispielsweise in akademischen queer-feministischen Debatten aufgrund institutioneller trans*phobie im Bildungswesen strukturell benachteiligt und werden dadurch weniger wahrgenommen. Wenn generell trans* Positionen bereits wenig oder nicht wahrgenommen werden, fehlen gerade die von z.B. trans*of color oder behinderten trans*Menschen in queer-feministischen Debatten oft gänzlich. Vielleicht ist es Zeit für neue Blicke in „alte“ queerfeministische Utopien um Räume neu zu beleben.

www.transinterqueer.org

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