Statement der Bloggerin und Philosophin zu fünf Jahren Queer-Feminismus

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In den letzten Jahren sind unterschiedliche feministische Strömungen mehr miteinander in Kontakt gekommen, als das früher der Fall war. Das hängt natürlich mit dem Internet zusammen, wo die nächste Feministin immer nur einen Klick entfernt ist. Und es hat auch Konflikte mit sich gebracht, ist aber tausendmal besser, als nur nebeneinander her zu leben oder sogar gar nichts voneinander zu wissen.

Es ist auch gelungen, das Thema Feminismus wieder etwas stärker ins öffentliche Bewusstsein zu holen, vor allem mit den Aktionen gegen Alltagssexismus. Es gibt wohl heute weniger Menschen als noch vor fünf Jahren, die sagen würden, der Feminismus sei tot oder habe sich überholt, oder die jungen Frauen wollten keinen Feminismus mehr.

Nach wie vor wird mir zu oft von „den Frauen“ als einer Gruppe gesprochen. Immerhin wird inzwischen thematisiert, dass Frauen je nach Herkunft, Lebensform, sozialer Schicht und so weiter unterschiedliche Perspektiven, Probleme, Anliegen haben. Ich will aber darüber betonen, dass Frauen auch deshalb unterschiedlich sind, weil sie freie Subjekte sind, also weil sie sich aktiv voneinander unterscheiden. Also zum Beispiel unterschiedliche Ansichten zu diesem und jenem haben. Konflikte und Differenzen unter Frauen werden immer noch als etwas irgendwie Unnormales und Schlechtes betrachtet, und zwar leider manchmal auch von Feministinnen selbst.

In Puncto Gleichstellung und Emanzipation sehe ich den größten Missstand darin, dass bei den politischen Debatten über Vereinbarkeit und Quoten hauptsächlich Frauen mit akademischem Hintergrund im Fokus sind. Feministische Ökonomie heißt für mich aber nicht, Frauen mehr Karrierechancen zu verschaffen, sondern Wirtschaft ganz neu zu denken. Speziell was Haus- und Fürsorgearbeit betrifft, aber auch im Hinblick auf die Durchökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche, die wachsende materielle Armut und so weiter.

Ich fände es gut, wenn es mehr Gelegenheiten gäbe, wo sich Feministinnen unterschiedlicher Richtungen treffen, sich kennenlernen, ins Gespräch kommen, Konflikte thematisieren, Beziehungen knüpfen. Also eine Möglichkeit zum Kontakt und zur Kooperation, ohne dass die Differenzen unter den Teppich gekehrt  werden. In Italien haben sie letztes Jahr einen großen Kongress mit 800 Feministinnen aller Strömungen und Altersgruppen veranstaltet, der ein solcher Erfolg war, dass das dieses Jahr gleich wiederholt wird. Sowas in Deutschland auch zu haben, fände ich klasse.

antjeschrupp.de

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