New York: Nirgends sonst finden sich so viele coole Frauen und so viel gutes Essen auf so wenigen Quadratkilometern. Ich habe nur 62 Tage. Der Plan: Ich bringe zusammen, was gut ist, und treffe die tollsten Frauen zum besten Essen.

„Off the pillow and into the air 
I’m ready cause it’s my day 
Situation: it’s all possible 
Everything is going my way“

Le Tigre – My My Metrocard

Ich bin in Brooklyn angekommen. Zwei Monate lange werde ich in der Stadt sein und von hier aus Schreiben und Arbeiten. Der Plan ist, in diesen zwei Monaten alles zu tun und alle zu treffen. Schriftstellerinnen, Künstlerinnen, feministische Bloggerinnen und Medienmacherinnen. All die bemerkenswerten Frauen, die diese Stadt hervorgebracht hat und immer noch hervorbringt.

New York ist eine Art Petrischale für Feminismus – und nein, damit meine ich nicht Carrie Bradshaw. Hier sitzen die Redaktionen des „Bust Magazine“ (damals unsere Vorlage für Missy), von Tavi Gevinsons Onlinemagazin „Rookie“, von „Feministing“ und viele weitere feministische Medien und Blogs. Hier schrieb die legendäre Popjournalistin Ellen Willis Ende der 1960er ihre Kritiken für den „New Yorker“ und hier hat Gloria Steinem 1971 in ihrem Wohnzimmer an der Upper Eastside das „Ms. Magazine“ gegründet.

Le Tigre besingen in „My My Metro Card“ ihre Eroberung der Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Riot Grrrl, die feministische Keimzelle, aus der die Band gewachsen ist, ist zwar nicht hier, sondern an der US-Westküste entstanden. Dafür ist aber die Riot Grrrl Collection in der Stadt ausgestellt, ein einzigartiges Archiv, das alles von Zines bis Bandshirts aus der damaligen Zeit konserviert – und, wie sollte es anders sein, angezogen vom großen Feminismus-Magneten NYC an der NYU eine Heimat gefunden hat.

Das ist schon eine Menge. Und das waren jetzt erst die vergangenen 50 Jahre. Mein Punkt: Wer in New York anfängt nach Feminismus zu suchen, sollte sich eigentlich ein paar Jahre Zeit nehmen. Ich habe nur 62 Tage. Spätestens dann wird das Stipendiengeld ausgehen, das diese Forschungsreise finanziert.

Meine zweitgrößte Sorge: Wie soll ich es in dieser kurzen Zeit schaffen, alles zu essen, was die Stadt mir serviert? Den berühmten doppellagigen Brooklyn Blackout Cake etwa, den die deutsche Ebinger’s Bakery während dem zweiten Weltkrieg den ArbeiterInnen der Navy Shipyard verkaufte – und nach den Verdunkelungsdrills im zweiten Weltkrieg benannte. Oder den neu-berühmten Ramen Burger, der letztes Jahr dem Cronut den Titel als absurdeste kulinarische Kreation ablief. Die angeblichen besten Donuts in Williamsburg bei Peter Pan. Die Pizza bei Roberta’s. Oder den Salted Caramel Apple Pie bei Four & Twenty Blackbirds, zwei Blocks von dem kleinen blauen Stadthaus in Park Slope entfernt, in dessen zweitem Stockwerk ich seit gestern wohne. Ich müsste wie bei einem 15-Gänge-Gourmet-Menu vorgehen: von allem nur einen sehr kleinen Bissen nehmen und den Rest wieder ausspucken. Und selbst dann könnte ich gar nicht so viele Mahlzeiten in so kurzer Zeit zu mir nehmen. Kalorien- wie zeittechnisch bringt mich das an den Rand meiner Kapazitäten.

Deswegen der Plan: Ich bringe zwei Dinge zusammen, die gut sind und treffe die interessantesten Frauen zum besten Essen. Ich verabrede mich mit den Küntslerinnen, Musikerinnen und Kolleginnen, die ich für Missy interviewen und porträtieren will. Und lasse mich von ihnen dorthin führen, wo sie am liebsten ihren Happy Hour Jargarita schlürfen oder ihre Tacos bestellen. Ich treffe sie auf einen Ramen Burger auf dem Smorgasburg Food Market, gehe mit ihnen zu Shows und in Ausstellungen. Überall dorthin, wo Feministinnen in der Stadt einen anständigen Drink, einen starken Kaffee oder ein Stück feministische Geschichte serviert bekommen. Was dabei passiert, dokumentiere ich hier.

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Mein Glück: Ich muss nicht bei Null anfangen. Die Kolleginnen von „Here She Is“ haben schon vorgelegt. Sie waren letzten Sommer in der Stadt und haben eine Reiseführerin der feministischen Must-Sees kompiliert. Ihre Video-Stadtrundgänge zu Ella Fitzgeralds Harlem, der Freiheitsstatue, dem Upright Citizens Brigade Theatre (gegründet von Amy Poehler!) und der feministische Kunstsammlung des Brooklyn Museum (hier ist u.a. Judy Chicagos Dinner Party ausgestellt) findet ihr hier. Diese vier Dinge kann ich also schon mal von meiner Liste streichen.

Damit bleiben nur noch schätzungsweise ein paar Tausend weitere. Und 62 Tage. Mal sehen, wie weit ich komme.

Falls ihr noch Empfehlungen habt – Gesprächspartnerinnen oder gastronomische Geheimtipps – dann schreibt an chris@missy-mag.de oder textet hier die Kommentarspalte voll.