Von Simone Bauer
Laura Carbone weiß, dass das Internet mehr kann, als nur Serien zeigen. Über, ja, MySpace lernte sie seinerzeit Liquido-Gitarristen Tim Bonassis kennen. Die Modebloggerin gründete mit ihm 2008 Deine Jugend, zwei Alben lang waren sie die Mannheimer Antwort auf Deichkind. Nun erfindet sie sich als Solokünstlerin neu – weiterhin produziert von Bonassis. Von Pop-Punk-Partyattitüde keine Spur. Carbone ist erwachsen geworden. Die elf Songs sprühen vor Shirley Manson und „Twin Peaks“. Und sie weiß nach wie vor, was das Internet kann. Das Album „Sirens“ ist komplett per Crowdfunding finanziert.

Diese künstlerische Unabhängigkeit spielte Carbone auch bei der visuellen Umsetzung in die Hände: Das Cover setzt auf düstere Esoterik, ihre Zielgruppe auf Vollmondnächte, das Video zu „Stigmatized“ auf viel zu schnelle, aber gewollte Schnitte, während sie mit Natur und religiösen Themen spielt. Da Sirenen die griechischen Fabelwesen sind, die durch ihren betörenden Gesang Seefahrer anlocken, um diese zu töten, entfaltet Carbone im Chorus zu „Silky Road“, dem Opener des dichten, heranfordernden Klangteppichs, ihre starke Singstimme über dem drängenden Bass. „Innocent“ und „Blue Birds Fly“ sind vorantreibender Rock’n’Roll, dem die ätherischen Electroelemente à la The Horrors fehlen – und somit sehr gut tun. Episch wird der Indierock gar beim großartigen „Drive By Shooting“, in dem sie Riot-Grrrl-rotzig klingt („A four-letter word or whatever!“), während bei „Heavy Heavy“ ihre Stimme – so ist für jeden etwas dabei – zu Lana Del Rey umschwingt. Die wusste auch schon immer das Internet für sich zu nutzen.

Laura Carbone „Sirens“ bei Duchess Box Records (Rough Trade/INgrooves). Bereits erschienen.