Der Sterne-Frontmann und Vater von zwei fast erwachsenen Kindern erinnert sich noch gut, wer am Anfang des neuen Lebens definitiv die Hosen, äh, Windeln anhatte.

Illustration: Ana Albero
Illustration: Ana Albero

Es ist schwer, über das Leben mit Kindern etwas Allgemeingültiges zu sagen, weil es so unterschiedliche Wendungen nehmen kann. Aber einiges ist wohl doch immer gleich. Das Leben nach dem „Familiengründungsereignis“ gliedert sich in drei Phasen: In Phase eins versucht das Paar, sofern es die Phase von Schwangerschaft und Geburt überstanden hat, alles zu tun, um so zu tun, als wäre nix gewesen. Manche schleppen ihren noch blutigen Nachwuchs gleich mit ins Nachtleben oder buchen erst mal eine Weltreise. Alles, um zu beweisen, dass man sich mitnichten von einem kleinen Schreihals in die Knie zwingen lässt.

In Phase zwei hat sich dann herausgestellt, wer neuerdings die Windeln anhat und man ist froh, wenigstens ein paar Minuten auf dem bewachten Spielplatz für sich zu haben. Hier trifft man dann auch oft Leute wieder, die man schon seit drei oder vier Jahren nicht mehr im Nachtleben gesehen hat, ohne sich zu fragen, wo sie wohl geblieben sind.

In Phase drei kommt dann oft das zweite Kind, einfach weil man sich nicht eingestehen will, dass man sich von nur EINEM kleinen Scheißer so sehr niedermachen lassen hat. Um das Gesicht zu wahren, muss noch ein Zweites her, manchmal auch ein Drittes oder ein Viertes.

Dass man die letzten Jahre in einem nun mal angesagten Stadtteil gelebt hat, kann man daran erkennen, dass die Kneipen sich immer früher leeren und die Spielplätze am Nachmittag aus allen Nähten platzen. Plötzlich gibt es neben den vielen kleinen Szenen, die man gewohnt war, auch eine Szene der Eltern von Vierjährigen. Gesellschaftliche Unterschiede, besonders was den finanziellen Background angeht, werden jetzt offensichtlicher. Ebenso wie sich autoritäre Werte in Erziehungsfragen häufig gerade bei jenen offenbaren, die über Jahre das emanzipatorische Schwert geschwungen haben. Die unterbewusst gespeicherten Verhaltensmuster besiegen den Befreiungsversuch davon. Außerdem sorgt das Unterbewusstsein auch noch oft dafür, dass diese Haltung weitergegeben wird. Den Lütten ist es nämlich egal, welche erziehungstheoretischen Reden ihre Eltern schwingen, sie imitieren sie. Ja, auch in deiner angeblich so aufgeklärten Szene gibt es diese Leute, du wirst schon sehen. Neben der einstudierten formalen Strenge lernen ihre Kinder vor allem, wie wichtig es ist, die Interessen des Schwächeren zu ignorieren. Und so schreibt sich die Geschichte fort…

Von Frank Spilker