Interview Hengameh Yaghoobifarah

Was trägst du heute?
Das hier ist definitv mehr ein Look zum Ausgehen, aber er lässt sich leicht dezenter oder auch auffälliger stylen, je nach Accessoires und Make Up. So etwas würde ich zum Beispiel zu einem Performance-Kunstevent, einer Show oder einer Verabredung am Nachmittag tragen. Den Nadelstreifen-Rock hat mir eine Person geschenkt, die ihn in den 70er Jahren getragen hat. Das Nadelstreifen-Top im 50er-Jahre-Stil ist von Topshop, genauso wie die Schuhe und Socken. Die rotkarierte Jacke ist von einem Vintagemarkt und war ein echtes Schnäppchen! Den Gürtel habe ich aus einem Charity-Shop.

Foto: Paula Winkler
Foto: Paula Winkler

Wie würdest du deinen Style beschreiben?
Ich denke, mein Style reflektiert meine Dualität. Meine Mutter hatte einen sehr extravaganten und ausgeprägten Sinn für Fashion, ich selbst bin aber in einer Pflegefamilie aufgewachsen, wo aufgrund finanzieller Unsicherheit viel improvisiert wurde. Deshalb kaufe ich nur Stücke, die haltbar sind, viele Nächte und Abenteuer überstehen, aber trotzdem farbenfroh und ein bisschen over the top sind. Ich mag knallbunte oder gemusterte Kleidung, die entweder handgemacht ist oder zumindest diesen Anschein erweckt. Als Kind habe ich alles selbstgemacht, weil ich mir nichts Neues leisten konnte. Deswegen liebe ich alles, was glitzert und glänzt – das vermittelt eine furchtlose Freshness, die sich nicht schämt, gesehen zu werden. Ich kleide mich gerne wie eine ‚Electric Lady‘ , wie Janelle Monáe es nennt.

Hast du das Gefühl, dass du durch Mode deine Identität als queer femme of colour zum Ausdruck bringen kannst?
Ich bin noch immer dabei, mehr über meine Queerness und meine Hard-Femme-Identität zu lernen. Aber ich kann von den Reaktionen, die ich in der Öffentlichkeit bekomme, schließen, dass diese auffällige, ungenierte Femmeness funktioniert. Einerseits fühlen sich Gleichgesinnte angesprochen und reagieren positiv, andererseits werden die „wastepeople“, wie ich sie nenne, abgeschreckt und lassen mich in Ruhe. Ich hab bemerkt, dass in dem Maße, in dem mein Style aufgeblüht ist und lauter wurde, der hegemoniale Blick leiser wurde. Genau das will ich – in Ruhe leben. Wenn „wastepeople“ dafür eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden müssen, umso besser!
 
Hast du Stil-Ikonen?
Momentan sehr viele. Ich bin Musikerin und Performancekünsterin, also beeinflussen mich Grace Jones, Janelle Monáe, Tina Turner, Cher, André 3000, Michael Jackson,
Missy Elliot, SnoochieShy, meine fabelhafte Voguing-Champion Freundin Ari De B, alles Afrofuturistische und die UK-Performancekünstlerin Lady Vendredi.