Von Hengameh Yaghoobifarah

Das Netz quillt nur so über vor Memes, also viralen Internetphänomenen wie dem „Harlem Shake“, der Uneinigkeit über die Farben des blau-schwarzen oder weiß-goldenen Kleids oder Sprüchen wie #läuftbeidir, die von vielen Personen geteilt und wiederholt werden. Seiten wie „9gag“, „Buzzfeed“ oder die Blogging-Plattform Tumblr sind die Hotspots der Verbreitung von Memes.

© Nupur Bhardwaj/nupstarot.com
© Nupur Bhardwaj/nupstarot.com

Das Zweitpopulärste auf Tumblr war 2015 das Astrologie-Meme „The Signs As“. Das Konzept: Alle Sternzeichen werden auf eine lustige, poppige Art neu beleuchtet. Zahlreiche Listen beschäftigten sich damit, welches beliebte Essen, welcher „Hunger Games“-Charakter, welche historische Frau oder welches Sextoy du basierend auf deinem Sternzeichen bist. Albern? Mag sein. Aber es ändert nichts daran, dass viele im Netz davon besessen sind, mehr über ihr Sternzeichen zu erfahren.

Ganze Tumblogs wie „Legitastrology“ widmen sich dem „The Signs As“ und ähnlichen Memes. Beliebt sind auch die „Zodiac Squads“, also Einteilungen in unterschiedliche Teams. Zum Beispiel: Welche Sternzeichen sind Taylor Swift und welche Selena Gomez? Zu welcher Songtextzeile gehörst du? Wer kommt in die „Tut im Kino so, als würde er*sie nicht weinen“-Gruppe?

Hengameh Yaghoobifarah

Hengameh verbrachte den Großteil der Jugend vor dem Fernseher, im Internet und zwischen Bücherseiten. Nach dem Abi machte Hengameh einen BA in Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik in Freiburg und Linköping. Nach einem Praktikantum bei den an.schlägen landete Hengameh in Berlin, wo Hengameh Missy-Redakteur*in ist, schreibt und bloggt, u.a. für QUEER VANITY, Mädchenmannschaft.net, taz und an.schläge.

Elizabeth Entenman sprach für das Gruppenblog „HelloGiggles“ mit der Content & Community Associate Amanda Brennan über das Phänomen. Als Grund für den Hype sieht Brennan die Tendenz, dass wir gerne Dinge lesen, mit denen wir uns identifizieren können. Bei Sternzeichen-Memes ist eine Analyse für jede Person dabei und wir erfahren einfach gerne mehr über uns selbst – besonders, wenn es auf humorvolle Weise passiert.

Gewöhnliche Horoskope klingen nach einiger Zeit abgedroschen und willkürlich. Begriffe wie „loyal“ oder „ehrgeizig“ verlieren ihre Kraft, wenn sie immer aufs Neue für Plattitüden verwendet werden. Wer kann dieses Blabla noch [sam id=“5″ codes=“true“]ernst nehmen? Viel reizvoller ist es hingegen, über seine Persönlichkeit und sein Sternzeichen auf eine andere, offensichtlich ironische und alltägliche Art nachzudenken.

Trotzdem kann der Ärger auch groß sein, wenn eine*r sich mal fehlrepräsentiert fühlt. Die Charakterisierung der Sternzeichen passiert auf einem Level, das abstrakt und konkret zugleich ist. Einerseits: Wie sehr kannst du schon Taylor Swift sein? Andererseits sagt ein Vergleich mit einer Celebrity und ihrer Persönlichkeit schon einiges aus – zumindest mehr als „Die besten Stellungen für dein Sternzeichen“ aus der „Cosmopolitan“.

In Anbetracht des New-Age-Revivals sollte der Erfolg dieser Memes ohnehin nicht überraschend sein. Auf „Broadly“, dem Frauen-Kanal von „Vice“, gibt es neben feministischen Reportagen und kritischen Artikeln auch täglich Horoskope der Astrokolumnistin Annabel Gat. Andere schwören hingegen auf Susan Miller von „astrology zone“. Verlieren feministische Kämpfe und Rationalität gegen Eso-Verblendung? Keine Angst. Der Tumblr-Astro-Trend ist von essentialistischer, heteronormativer, biologistischer oder rechter Esoterik Lichtjahre entfernt. Am Ende siegt eigentlich nur der Narzissmus.