Von Anna Seidel

Karten auf den Tisch: Ich bin eines der „Little Monster“, ich bin Lady-Gaga-Fangirl. Und als Fangirl überlege ich fieberhaft, wie die Live-Umsetzung vom frisch erschienenen Album „Joanne“ aussehen könnte. Rougher dürfte es schon werden als bei den hochglänzenden „Artpop Balls“ ihrer letzten Tour, die die Künstlichkeit ja schon im Namen trugen.

© Universal Music
© Universal Music

Klar, Gaga fragte uns im Song „Aura“: „Do you wanna see me naked, lover? Do you wanna peek underneath the cover?“ Die Fragen waren aber eher rhetorischer Art und das Abschminken auf der Bühne gehörte genauso zur Show wie die zahlreichen Kostümwechsel – alles Teil des großen Spektakels, „a perfect illusion“, wie es in der gleichnamigen Single über eine verflossene Liebe heißt.

https://www.youtube.com/watch?v=qV02L7LmgO8

Die Story zum neuen Album ist auf den ersten Blick weniger künstlich. In Interviews macht sie ihren Background stark, ihre Familie ist immer wieder Referenz für das Album. Joanne Stefani Germanotta, so hieß die früh verstorbene Schwester des Vaters, Gagas Tante. „Joanne“, so heißt die neue LP. „Call me Joanne“ fordert Gaga bei den ersten kleinen Promo-Kneipenshows. Sie schlüpft in eine neue Rolle, es bleibt also eine erzählte Natürlichkeit – nevermind. Nach dem manikürten „Artpop“-Album und der glamourösen Jazzplatte mit Entertainer-Legende Tony Bennett schlägt die erste Single „Perfect Illusion“ nur eine poppige Brücke und ist kaum repräsentativ für den Rest ihres fünften Albums, das zu Teilen von Mark Ronson mitproduziert wurde.

Lady Gaga „Joanne“
(Streamline/Interscope), bereits ersch.

„Joanne“ ist musikalisches Americana, mehr Nashville als Factory. Die Nägel sind jetzt kurz und Gaga nimmt die Gitarre in die Hand. Das ist mal wieder anders, aber nicht weniger spektakulär. Live dürfte es weniger choreografiert werden, dafür verschwitzter. Weniger Ball, mehr Boots.