Von Gisela Notz

„Manchmal tun Falten weh!“ Das titelte ich zu meinem fünfzigsten Geburtstag in den „beiträgen zur feministischen theorie und praxis“, deren Mitherausgeberin ich über viele Jahre gewesen bin. Damals realisierte ich, dass die Student*innen an der Uni mich mit „Sie“ anredeten, statt beim vertrauten feministischen „Du“ zu bleiben.

Dossier Missy 05/19
Licia Fertz © Emanuele Usai

Das war für mich ungewöhnlich. Ich sah die Falten in meinem Gesicht und wollte nicht feiern. Ich wurde alt. Ich wollte die Decke über den Kopf ziehen und warten, bis alles vorbei ist. Das Alter geht aber nicht vorbei. Meine jungen und alten Freund*innen wollten feiern und ich begriff schlussendlich selbst, dass ich noch wichtige Dinge tun wollte. Schließlich musste „der Widerstand gegen neuzeitliche Patriarchen und alte Klerikale“ fortgesetzt werden, wie eine Gedichtzeile auf der Papyrusrolle lautet, die die „beiträge“-Frauen mir zum fünfzigsten Geburtstag überreichten.

Meine Neugierde auf das, was noch vor mir liegt, ist bis heute geblieben. Ich lese in den Falten von alten Frauen, ich finde sie schön, auch wenn es nicht ausschließlich Lachfalten sind und auch wenn sie manchmal wehtun. Nun, 27 Jahre später, soll ich mich zu Vorurteilen gegenüber älteren Feminist*innen äußern:

Sie wären nicht mehr up to date und die Frage der politischen Ausrichtung wäre angeblich eine reine Generationsfrage.

Was soll ich dazu sagen? Es gibt nicht DIE älteren Feminist*innen und es gibt auch nicht DIE jüngeren Feminist*innen. Feminismus ist ohnehin ein vieldeutiger Begriff. Unterschiedlich sind die Interessen, Vorstellungen und Lebensmuster. Klassenspezifische Ungleichheiten und solche der ethnischen Herkunft machen auch vor Feminist*innen nicht Halt.

Ich freue mich, dass sich viele jüngere Frauen wieder Feministinnen nennen. Vor zehn bis 15 Jahren erschien es so, als ob „Feminismus“ keinen guten Klang mehr hätte und für junge Frauen nicht mehr attraktiv sei. Heute gibt es sehr viele Feminismen, sogar einen konservativen Feminismus, gegen den wir uns zur Wehr setzen müssen.

Für mich gibt es den allerdings nicht. Entsprechend halte ich auch nichts von der „Generationenfrage“ als Erklärung. Schon immer in der Geschichte dachten jüngere Menschen, die alten seien nicht up to date, und …