Von Tove Tovesson

Ich habe hier schon einmal über die Wichtigkeit von Repräsentation geschrieben, aber dabei meine persönliche Betroffenheit dezent umschifft. Zum einen, weil ich tatsächlich denke, es gibt Wichtigeres, es gibt Schlimmeres. Zum anderen, weil ich gemerkt habe, wie empowernd ich Solidarität empfinde und wie viel ich aus den Siegen anderer „Anderer“ ziehen kann. Es gibt mir Hoffnung, dass es jemanden wie Beyoncé gibt und Filme wie „Moonlight“, auch wenn das alles nicht für mich ist. Diese Raumeinnahmen sind gut und wichtig und geben mir Zuversicht, dass mehr existiert, als sichtbar ist. Dass es selbstbestimmte Erzählungen trotz Marginalisierung gibt.

Leere Namensschilder und das Dilemma der Unsichtbarkeit. © Tine Fetz

Ich merke aber auch, dass andere das bestreiten. Laut einem YouTube-Video gibt es drei Geschlechter, Mann, Frau, „Transgender“, der Rest wird lächerlich gemacht. Darauf wird sich dann in ernsthaften Diskussionen über die Existenz anderer Geschlechter berufen. Warum ist es cis Männern und cis Frauen so wichtig, dass ich nicht existiere? Oder nonbinäre Geschlechter, also Geschlechter jenseits der trennscharfen Kategorien Mann und Frau, werden als unvereinbar mit dem eigenen Feminismus verstanden und deshalb abgelehnt. Weil Theorien offenbar wichtiger als Menschen sind. Weil die Deutungshoheit über andere Menschen um jeden Preis bewahrt werden muss. Wo kämen wir hin, wenn Menschen über sich selbst bestimmten?

Und in diesem Moment denke ich, es ist doch nicht genug, durch die Selbstrealisierung und Sichtbarkeit anderer zu leben. Es ist nicht genug, dass Stevonnie in der Serie „Steven Universe“ die erste Figur ist, mit der ich mich in Hinblick auf Geschlecht identifizieren kann (Stevonnie ist eine sogenannte Fusion aus einem Jungen und einem Mädchen und wird mit dem geschlechtsneutralen Pronomen they“ bezeichnet). In einer Folge von „Buffy the Vampire Slayer“ geht es um eine Schülerin, die unsichtbar wird, weil alle sie ignorieren. Niemand spiegelt sie, deshalb hört sie irgendwann auf, da zu sein. Nicht gesehen zu werden ist ein mächtiger Zauber.

Manche Identitätsaspekte sind hypervisible, bei anderen Aspekten ist es möglich, sie zu verstecken oder dass sie eben ewig übersehen werden. Geschlecht gehört zur letzteren Kategorie. Man kann darin den Vorteil sehen, dass immerhin eine gewisse Wahl besteht, ob ich mich heute angreifen oder „nur“ misgendern lassen will. Leider besteht für manche nicht die Option, jemals als sie selbst gesehen zu werden.

Ich habe keine Lust, cis Männern und cis Frauen zu erklären, „warum das denn so wichtig ist“, oder auf die immer gleichen Einwürfe zu reagieren. Komischerweise habe ich das, was für sie eine Zumutung ist – die Pronomen, die wechselnden Namen! –, in trans Kontexten nie als Problem erlebt. Es ist auch keins, aber für jene, die sich schwertun: Ich habe keinen Namen, ich habe keine Pronomen, sprich nicht über mich, don’t talk to me or my child ever again.