Von Tina Adomako

Gerne wird die Welt in Gegensätze eingeteilt: männlich und weiblich, reich und arm, schwarz und weiß. Doch wenn es um „Hautfarbe“ geht, ist eine
derartige Sicht schwierig. Wer ist weiß? Wer ist Schwarz? Und gibt es nicht viele Schattierungen dazwischen? Die Mehrheit der Deutschen sieht sich als weiß

Schwarze, das sind Menschen aus Afrika oder mit afrikanischem Migrationshintergrund, oder? Doch was ist mit Leuten wie mir? Weiße Mutter, Schwarzer Vater. Bin ich Schwarz? Oder weiß? Weder noch oder doch beides?

Lange wurde ich als „Mischlingskind“ bezeichnet. Im Deutschland der 1980er-Jahre nannte man mich eine „Farbige“. Farbig? Nein, das sagt man heute nicht mehr. Da schwingt zu viel Kolonialgeschichte mit. Heute bin ich eine Person of Color oder kurz: PoC (sprich: „pieh-oh-ßi“). Hä? Color, das heißt doch Farbe? Dabei geht es nur bedingt darum, wie „dunkel“ mein Teint ist.

PoC ist eine selbst gewählte Bezeichnung von verschiedensten Menschen, die sich als nicht-weiß definieren. In der Mehrheitsgesellschaft gilt weiß nach wie vor als Norm und nicht-weiß als Abweichung davon. Was PoC miteinander verbindet, sind geteilte Rassismuserfahrungen, Ausgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft und kollektive Zuschreibungen des „Andersseins“. In weiß dominierten Gesellschaften sind nicht-weiße Menschen seit der Kolonialzeit von Rassismus und Diskriminierung betroffen – bis heute.

Aufbauend auf den negativen Erfahrungen, die Nicht-Weiße erleben, wurde „Person/People of Color“ zu einer kollektiven Selbstbezeichnung, die Solidarität unter rassistisch Diskriminierten herstellt. Sich so zu bezeichnen ist auch politisch. PoC fordern gleiche Chancen und Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen. Ursprünglich wurde der Begriff im 18. Jahrhundert in den karibischen Kolonien Frankreichs verwendet, um befreite Sklav*innen „gemischter Herkunft“ zu bezeichnen. Diese „gens de couleur libre“ besaßen mehr Rechte als gewöhnliche Versklavte. In Anlehnung daran tauchte der Begriff „People of Color“ im angloamerikanischen Raum erstmals 1781 auf. Fast 180 Jahre später entdeckte die US-Bürgerrechtsbewegung die Bezeichnung für sich neu. In den 1960ern und 1970ern waren es politische Aktivist*innen wie Frantz Fanon und Malcolm X, die eine gemeinsame Bezeichnung für alle von Rassismen betroffenen Menschen propagierten. Im Kampf um mehr Rechte umfasste PoC nicht nur Schwarze US-Amerikaner*innen, sondern auch Menschen in Lateinamerika, Südafrika oder Asien, die sich gegen weiße Machtverhältnisse und Kolonialismus auflehnten. So wurde „People of Color“ zu einer verbindenden Bezeichnung für nicht-weiße Menschen in rassistischen Gesellschaften. Als politischer Begriff hilft er, multiethnische Allianzen zu schmieden, um gemeinsam gegen Unterdrückung und weiße Machtstrukturen einzutreten.

In Deutschland wird der Begriff PoC vorrangig im akademischen Umfeld benutzt und setzt sich nur langsam im Alltag durch. Viele Menschen in Afrika und Asien können mit der Bezeichnung nichts anfangen. PoC wird eher im Kontext weißer Mehrheitsgesellschaften gebraucht, weniger dort, wo Nicht-Weiße die Mehrheit stellen. In solchen Ländern kann es passieren, dass Personen, die sich in Deutschland als PoC sehen, als weiß angesehen werden. In Zeiten der Globalisierung plädiere ich allerdings für eine ganz einfache Zuschreibung: Wie wäre es mit einem verbindenden „Mensch mit globaler Geschichte“?

Dieser Text erschien zuerst in Missy Magazine 02/17.