Von Beat Weber

Jochen ist 27, als er erfährt, dass seine Freundin schwanger ist. Er will das Kind, sie ist skeptisch.“ Ein solcher Klappentext – hier zu finden auf Jochen Königs Buch „Fritzi und ich. Von der Angst eines Vaters, keine gute Mutter zu sein“ – ist ein Ausnahmefall. Im jungen Buchgenre „Väter erzählen von sich“ dominiert das humorige Berichtswesen über die Tücken und Hürden des Alltags mit Kleinkindern. Wie es zur Vaterschaft kam und welche Rolle der eigene Kinderwunsch dabei spielte, kommt in der Regel nicht vor.

„ich kann mich nicht erinnern, vor meiner eigenen Vaterschaft jemals mit einem anderen Nicht-Vater die Frage „Willst du eigentlich Kinder?“ erörtert zu haben.“ © Mirjam Klessmann

Die Bücher tragen Titel wie „Schief gewickelt“ (mit Aufkleber: „Saumäßig komisch“) oder „Baby – Betriebsanleitung“. Dem Publikum bieten die Autoren Selbstironie als Angstbewältigungsmechanismus für den Umgang mit den emotionalen Herausforderungen des Familienlebens an. Aus den Erfahrungen des Kontrollverlusts zumindest ein paar gute Anekdoten stricken, für die man satte Lacher kassieren kann – das ist der Zugang. Bei der Elternkolumne, die ich im Wechsel mit anderen in einer feministischen Zeitschrift schreibe, musste ich mir dafür in meinem eigenen Haushalt schon mal vorwerfen lassen, gefühlsmäßige Anliegen zu verdrängen oder wegzulachen.

Beim Thema Kinderwunsch gerät der Väter-Autoren-Humor offenbar an seine Grenzen. Da scheint Schweigen sicherer. Das gilt meiner Erfahrung nach auch im echten Leben. Ich kann mich nicht erinnern, vor meiner eigenen Vaterschaft jemals mit einem anderen Nicht-Vater die Frage „Willst du eigentlich Kinder?“ erörtert zu haben. Mir selbst darüber Gedanken zu machen begann ich erst, als die ersten Kinder in meinem Freundeskreis auftauchten. In unseren Zwanzigern galt eine Entscheidung für Kinder als eine für häusliche Sicherheit und Langeweile und gegen Ausgehen, Spaß und Abwechslung, sprich als spießig. Ein Jahrzehnt später löste sich diese Dichotomie auf – fortschreitendes Alter relativiert ja oft so manches.

Meine erste vorsichtige Annäherung erfolgte in Gestalt der Vorstellung, dass es schön wäre, eine Partnerin zu finden, die bereits Kinder hat. Es blieb bei diesem abstrakten Gedanken – aber immerhin taugte der als Antwort auf eine Frage, die im wachsenden Kreis befreundeter Eltern immer öfter auftauchte. Bei meinen zwei eigenen Kindern hat meine derzeitige Partnerin die Initiative übernommen und mich aus der Verlegenheit befreit, selbst eine Entscheidung treffen zu müssen.

Gespräche über Kinderwünsche sind mit dem Elternsein nicht automatisch häufiger geworden. Was früher ein leicht vermeidbares Thema in Unterhaltungen mit kinderlosen Bekannten blieb, ist, seit ich selbst Kinder habe, ein kniffliges Terrain. Schließlich droht in der Freundschaft zwischen Eltern und Kinderlosen permanent die Gefahr der Entfremdung: Mehr daheim bleiben, früher schlafen gehen, weniger Zeit haben für andere, gedanklich auf die Familie fokussiert sein und Ähnliches sind alles Dinge, die zu Irritation und Entfernung von Menschen führen können, deren Alltag ganz anders aussieht. Und die heikle Frage „Und warum hast du keine Kinder?“ kann zum Elefanten im Raum werden.

Dabei kann es auch zu Ãœberraschungen kommen – der kinderlose Bekannte etwa, der einmal ungefragt von verpassten und heute bedauerten Vaterschaftschancen berichtete. Den spontanen Impuls, ihn durch Herunterspielen der Freuden meiner Vaterschaft emotional zu entlasten, verwarf ich mangels Wahrhaftigkeit gleich wieder. Auch ein anderer mÃ…