Von Navina Nicke

Oft folgt auf Feierlaune, Rausch und Euphorie der ganz große Kater. Seltener, doch dafür schlimmer, sind Übergriffe im Nachtleben. Der Verein Safe Night aus Hamburg entwickelt Strategien, um sie zu verhindern.

© Trinity Kubassek

Zwei Uhr nachts. Eine Frau sitzt auf dem Sofa, Panik in den Augen, Tränen laufen ihr die Wangen hinunter. Ihre Freundin sitzt daneben und versucht, sie zu beruhigen. Ich stehe davor und sehe die Frau an. Ich bin Türsteherin. Sie ist Gästin auf der Party, auf der ich arbeite. Irgendwer hat ihr im Vorbeigehen etwas ins Glas getan. Verdammt. Da ist es wieder, das Ohnmachtsgefühl.

Auch wenn Situationen wie diese zum Glück nicht jede Nacht, in der ich arbeite, stattfinden – sind sie doch viel zu real, als dass man sie einfach ignorieren kann. Deswegen schreibe ich, deswegen arbeite ich. Es läuft viel falsch im Nachtleben. People of Color und Schwarzen Menschen (insbesondere Männern) wird deutlich häufiger der Einlass verweigert als weißen Menschen. Eine Frau, die sich nachts im öffentlichen Raum bewegt, wird als höchst sexualisiert wahrgenommen. Die Idee, dass sie sich einfach nur von A nach B bewegen oder gar ungestört tanzen möchte, reflektiert der öffentliche Blick nur selten. Auch trans und queere Personen erleben alles andere als die entspannten, leichten Nächte, die das Nachtleben zu bieten verspricht.

Zwar ist das Thema „Sicherheit im Nachtleben“ im medialen Mainstream in Deutschland angekommen, jedoch ist es von einem dermaßen rassistischen Tenor geprägt, dass nahezu jegliche öffentliche Diskussion zu einem Ruf nach Strafe für Nicht-Weiße verkommt. Dagegen habe ich etwas. Natürlich ist es an der Zeit, praktisch zu intervenieren. Aber lasst uns dabei bitte nicht nur über die Sicherheit der weißen Frau diskutieren, sondern über unbeschwerte Nächte für alle. Es ist schon lange an der Zeit.

Aber was ist zu tun? Wir werden in naher Zukunft nicht verhindern können, dass zwischenmenschliche Gewalt stattfindet. Insbesondere werden wir das nicht, wenn Rausch eine Rolle spielt, denn dabei wird der sexistische und rassistische Alltag in Deutschland besonders sichtbar. Rausch ist hierbei nicht das ursächliche Problem, denn dieser kann genauso zur hedonistischen Utopie und zum dem Nachtleben inhärenten Glücksversprechen gehören wie die Bassline bei deinem Lieblingstrack. Was wir aber tun können, statt in Law-and-Order-Strategien zu verfallen, ist, den Einfluss zu nutzen, den wir auf das Nachtleben haben. Und damit ermöglichen, dass in der Nacht erlebte Gewalt bestmöglich verhindert oder verarbeitet werden kann.

Dies kann mittels zahlreicher Strategien passieren: durch den Einsatz von Awareness-Teams (A-Teams) beispielsweise, die auf einer Party ansprechbar sind, wenn eine Person einen Übergriff lebt hat, und nach dem Konzept der Parteilichkeit und Solidarität mit Betroffenen aktive Unterstützung anbieten. Di…