Von Judith Langowski

Der Herbst ist schon unbequem genug, wer dazu noch lange Wege hinter sich bringen muss, freut sich umso mehr über unterhaltsame Begleitung über die Kopfhörer. Podcasts gibt es in allen Formen und Farben, doch die Topliste auf iTunes ist, seufz, ziemlich männlich, weiß und hetero. Wo sind die Stimmen der Frauen, Personen of Color und LGBTI-Personen?
Diese Liste gibt einen Einblick in die wachsende Welt feministischer Podcasts aus Deutschland, USA und Frankreich.

Was in der Liste fehlt? Euer Podcast! Anfangen ist gar nicht so schwer, dieser Twitter-Thread von @PodcastsInColor sammelt Ressourcen für Anfänger*innen.

©Facebook/FeuerundBrot

1. Lila Podcast
Der Klassiker unter feministischen Podcasts in Deutschland. Katrin Rönicke, Susanne Klinger und Barbara Streidl liefern seit 2013 in jeder Episode tiefgründige Inhalte und spannende Gespräche. In einer guten Stunde erläutern die Moderatorinnen aktuelle politische Themen und geben Hintergründe, beispielsweise wie Gender unsere Gesellschaft formt, wie Frauen arbeiten und wie kleine Feminist*innen aufwachsen.

2. Call Your Girlfriend
Wer Glück hat, hat so ein*e Freund*in: Mit ihr*ihm kann man genauso gut über die Kardashians wie über die politische Repräsentation von Frauen reden und vor allem darüber, wie das alles zusammenhängt. Ann Friedman und Aminatou Sow machen ihren Podcast für alle „long-distance besties“, wie sie selbst es auch sind. Vor drei Jahren begannen sie, ihre Fernbeziehung zwischen Los Angeles und New York aufzuzeichnen. Mittlerweile sind sie ein Vorbild für viele frauengeführte Podcasts, treten auch live auf und laden spannende Gäste ein, wie zuletzt Expräsidentschaftskandidatin Hillary Clinton.
In Episode 7 „Follow Your Arrow“, einer der ersten Folgen, widmen sich die beiden ganz den Fragen der Hörer*innen. Sie geben handfesten Rat für die Zukunft.

3. Feuer und Brot
Das sind Alice und Maxi, die eine ist Schauspielerin, die andere Moderatorin. Für ihren Podcast treffen sie sich seit 16 Folgen vor den Mikros und bequatschen von Hamburg und Berlin aus, was sie gerade beschäftigt. Es geht um Politik, Gesellschaft, Musik, immer mit einem Zelt Feminismus, z. B. darum, wie Männlichkeit unsere Gesellschaft prägt und warum immer noch zu wenig Frauen Politik machen. Die anregenden Gespräche und sympathischen Stimmen stehlen sich schnell in das Herz der Hörer*innen.

4. Nancy
„Nancy“, der Podcast, das sind Kathy Tu und Tobin Lu, die in ihrem Podcast über queere Themen sprechen. In vielfältigen, aufwendig produzierten Episoden geht es vom Coming-out über Friseur*innenbesuche als queere Person bis zu LSBTI*-Charakteren in Serien und Filmen.
In Folge 1 „Hello, hello – Was war eigentlich deine Coming-out-Geschichte?“ reden Kathy und Tobin über ihr Coming-out – auch mit ihren Eltern.
In Folge 22 „Does Your Boss Know You’re Gay?“ diskutieren die Sprecher*innen darüber, dass es in 28 Staaten der USA keine speziellen Antidiskriminierungsrechte für LSBTI* am Arbeitsplatz gibt. Die Episode erklärt, wie es unter Trump um die existierenden Rechte steht.

https://www.instagram.com/p/BZO1fi7lC7O/?taken-by=nancypodcast

5. Popaganda/Backtalk
Das Magazin „Bitch“ aus Portland, Oregon, ist seit 20 Jahren der Maßstab, wenn es um feministische Kritik an Popkultur geht, zumindest im englischsprachigen Raum. Die Podcasterinnen des Magazins erklären jede Woche, was in Popkultur und Politik aus feministischer Sicht los ist. „Popaganda“ klingt wie ein kleines Magazin für die Ohren, mal werden Artikel aus der aktuellen Ausgabe vorgelesen. Die nächste Woche nehmen die Redakteurinnen in einer Folge „Backtalk“ auseinander, was in Popkultur passiert ist.
In „Backtalk – Bey’s Announcement and Sundance Showdown“ reden Dahlia und Amy über Beyoncés Schwangerschaftsankündigung und die Diskussion zwischen Komikerin Jessica Williams und Schauspielerin Selma Hayek zum Thema weißer Feminismus auf dem Sundance Film Festival.
In „Popaganda – Lone Wolf Myth & Kneeling for Justice“ sind zwei Diskussionen über die amerikanische Gesellschaft zu hören: Der Shooter von Las Vegas war weiß, damit bekommt er automatisch das Attribut „Einsamer Wolf“ statt „Terrorist“. Footballspieler Colin Kaepernick begann damit, bei der Hymne der USA vor den Spielen zu knien, statt aufrecht zu stehen, nun hat sich der Protest vergrößert.

6. Fettcast
Über dicke Politik und dicken Alltag auf Deutsch sprechen? Ja, bitte! Unregelmäßig, aber nicht weniger kritisch und ausführlich unterhalten sich die Bloggerinnen Magda und Ragni über dicke Realitäten und Diskurse. Sie unterhalten sich etwa in ihrer Sommer-Edition darüber, warum das häufig im Netz geteilte „Beach body“-Bild auch problematisch ist und nicht alle mitdenkt. Diesen Podcast gibt es allerdings leider nicht auf iTunes.

7. kleinercast
Die Macherinnen von „kleinerdrei“, einem feministischen Onlinemagazin, blicken in ihrem Podcast auf ein Thema aus Politik oder Popkultur. Die Konversationen drehen sich um feministische Bewegungen und Solidarität zwischen Frauen, aber auch Boygroups, „Hunger Games“ und Menstruation. Als Hörer*in lernt man viel Neues, z. B. auch, wie die bekannten Netzfeministinnen selber im Internet populär geworden sind (Folge 1).

Can you tell @emiliearies & @bridgetmarieindc are having a great time recording in LA with the amazing @tonya.rapley of @myfabfinance !? 😍

Ein Beitrag geteilt von Stuff Mom Never Told You (@stuffmomnevertoldyou) am 3. Okt 2017 um 15:24 Uhr

8. Stuff Mom Never Told You
Wissenspodcasts sind ein Genre für sich und in den häufigsten Fällen sind sie männerdominiert. „SMNTY“ wird dagegen von zwei smarten Frauen moderiert, die den Hörer*innen komplexe Fragen aus allen Wissensgebieten beantworten. Mal geht es um die Geschichte von Frauen in der Whiskydestillierung, mal um Sexismus in Silicon Valley oder um feministische Theorie.
In der Folge „Intersectional Feminism 101“ sprechen sie darüber, wie Kimberlé Crenshaw den Ausdruck „Intersektionalität“ 1989 zuerst in die Diskussion brachte, um die mehrfache Diskriminierung Schwarzer Frauen zu beschreiben. Nun ist das Thema Intersektionalität im Herzen vieler feministischer Bestrebungen, doch was steckt eigentlich dahinter?

9. Another Round
Mit Whisky geht es gleich weiter in die nächste Runde: „Another Round“ heißt der Buzzfeed-Podcast. Die Moderatorinnen Heben Nigatu und Tracy Clayton mischen mit kritischen Fragen und guter Laune die Podcast-Welt auf. Jede Folge gliedert sich in feste Segmente: Diskussionen über aktuelle Politik, Interviews mit spannenden Persönlichkeiten, Schauspieler*innen und Wissenschaftler*innen, aber auch das Segment „drunken debates“, wo sich Nigatu und Clayton zum alkoholisierten Debattieren herausfordern. Am Ende jeder Folge gibt es eine Runde Drinks für die Person oder die Sache, die ihnen in der Woche besonders gut gefallen hat.
In Episode 68 „Two Dollars and a Paperclip“ hat Tracy Clayton die oscarnominierte Filmregisseurin Ava DuVernay („Selma, 13th“) zu Gast. DuVernay erzählt, wie es ist, wenn Träume wahr werden, und wie man lernt, „nein“ zu sagen.

10. Still Processing
Der Podcast wird von zwei Kulturjournalist*innen der „New York Times“ moderiert: Jenna Wortham schreibt über die Beziehung zwischen Menschen und Technologie, Wesley Morris konzentriert sich auf das Verhältnis zwischen Popkultur und Menschen. Gemeinsam diskutieren sie darüber, stellen neue Musik und Filme vor und denken darüber nach, wie wir auf Popkultur reagieren.
Die Folge „We Bow Down to Rihanna and Venus“: Popstar Rihanna hat es weit gebracht – nun schlägt ihre eigene Make-up-Linie hohe Wellen auf Social Media. Jenna war bei der Launch-Party und hat beobachtet, wie wir alle zu Instagram-Influencer*innen werden. Wesley teilt seine Bewunderung für Tennislegende Venus Williams.

11. Emotional Labor Queen
Jeden Monat gibt die Emotional Labor Queen im Berlin Community Radio queerfeministischen Ratschlag an gebrochene Herzen und ängstliche Seelen. Ob Femmefeindlichkeit, ungewohnte Dynamiken in der Beziehung während der Transition der*des Partner*in, Rassismus im Freund*innenkreis oder ein schlechtes Gefühl aufgrund von Akne: Strategien, Tipps und Trost gibt es bei der ELQ immer. Per Mail oder auf Tumblr kann jede*r ihr eine anonyme Frage schicken, die entweder im Radio oder in der Kolumne beim Missy Magazine beantwortet wird – hier sogar auf deutsch. Wer die aktuelle Folge nicht live mithören konnte, kann sich auf Mixcloud den kurze Zeit später hochgeladenen Mitschnitt anhören. Leider nicht auf iTunes erhältlich.

@indiemagazine did a cute lil interview 💖 pic by danielle coyle. link in bio 💋 #emotionallaborqueen #3hdfestival

Ein Beitrag geteilt von 🌹X ELQ X🌹 (@emotional.labor.queen) am 6. Dez 2017 um 4:03 Uhr

12. Mädchenmannschaft-Podcast
Einmal im Monat serviert das queerfeministische Blog Maedchenmannschaft.net mit seinen Redakteur*innen Diskurse auf einem Silbertablett zum Anhören. Dieses Mal sprechen Magda Albrecht und Charlott Schönwetter beispielsweise über #metoo, den Dialog mit Rechten und Buchempfehlungen.

13. 2 Dope Queens
Die zwei Königinnen dieses Podcasts sind Jessica Williams, bekannt aus der „Daily Show“ von Comedy Central, und Komikerin Phoebe Robinson. Ihre Gäste sind prominente und weniger bekannte Komiker*innen, die in den einstündigen Folgen ihre Sketche vorführen. Dazwischen packen Robinson und Williams ihre eigenen Einlagen und gute Musik. Der Podcast läuft schon in der vierten Staffel.
In der ersten Folge „Dad Bods“ reden Williams und Robinson über sexy Väter und Komikerin Aperna Nancherla nimmt ihre eigene Depression aufs Korn.

14. La Poudre, Les Savantes
Für die frankophonen unter euch: „La Poudre“ und „Les Savantes“ sind zwei Podcasts von der grandiosen Moderatorin Lauren Bastide. In „La Poudre“ empfängt sie Autorinnen, Musikerinnen, Künstlerinnen, wie z. B. Leila Slimani, die als vierte Frau 2016 den französischen Literaturpreis Prix Goncourt erhielt. In Épisode 4 spricht die Autorin über ihre Kindheit in Marokko und den Status der Frau im öffentlichen Raum.
Bei „Les Savantes“ spricht Bastide mit Wissenschaftlerinnen aller Domänen. Da ist z. B. die Historikerin Mathilde Larrère, welche die Geschichte der Frauenbewegungen in Frankreich seit der Französischen Revolution erforscht, oder Odile Fillod, die ein 3D-druckbares Klitorismodell hergestellt hat, das ab diesem Jahr im Schulunterricht eingesetzt werden soll. In Épisode 1 spricht Bastille mit Mathilde Larrère über die Frauen der Französischen Revolution. Diese sind bekannt, doch dass die Frauen der Pariser Kommune (um 1871) sich für freie und sichere Abtreibungen einsetzten, wissen wenige. Larrère spricht über die Entwicklung bürgerlicher Rechte für Frauen und Minderheiten in Frankreich und darüber, was noch zu tun ist.

Die Podcasts und ihre empfohlenen Folgen findet ihr auf iTunes.