Von Jacinta Nandi

Damals, als der ehemalige US-Präsident Obama die Krankenversicherung für alle einführen wollte, entwickelte ich ein neues Hobby: nach YouTube-Videos suchen, in denen Amis, die keine Versicherung hatten, sich drüber beschwerten, dass sie jetzt eine solche bekommen würden. Faszinierend! Warum bloß wollten sie unversichert bleiben? Dann habe ich es gecheckt: Wenn jemand, die*der bisher ohne Krankenversicherung gelebt hat, jetzt plötzlich versichert wird, muss sie*er zugeben, dass bis zu diesem Zeitpunkt etwas nicht in Ordnung war. Das nimmt Energie. Und manchmal ist das zu viel verlangt.

Genauso bin ich enttäuscht, wenn sich die Frauen unserer Müttergeneration über die #metoo-Bewegung lustig machen. Besonders schlimm finde ich es, wenn sich Frauen, die

sexualisierte Gewalt kleinreden, als Feministinnen definieren. Wenn Catherine Deneuve sagt, dass sexuelle Gewalt „normal“ sei, bin ich genervt. Aber wenn sich Germaine Greer despektierlich äußert, tut es weh.

©Josephin Ritschel

Greer, heute eine alte Frau, ist die angelsächsische Alice Schwarzer. Es gibt Sprüche von ihr, für die wir ihr immer dankbar sein werden: „Frauen haben keine Ahnung, wie sehr die Männer sie hassen.“ Trotzdem hat sie sich in der letzten Zeit immer wieder blamiert, etwa mit Transfeindlichkeit. Und jetzt lehnt sie #metoo ab, ganz unsolidarisch: Es sei eine „Jammerbewegung“, wie sie sagt. Die #metoo-Bewegung ist in meinen Augen eine Revolution. Und diese Revolution findet auch bei mir statt, tief drinnen, in me…