Abbi & Ilana, „Broad City“
Abbi Jacobson und Ilana Glazer setzen in der US-Serie „Broad City“ nicht nur neue Maßstäbe für ermächtigende Darstellungen weiblich gelesener Körper, sondern auch für jene bester Freund*innen. Was es bedeutet, sich für jemanden aufzuopfern, wird etwa deutlich, als sich Ilana während eines Wasserausfalls darum kümmert, Abbis (wortwörtliche) Scheiße aus dem Klo zu entfernen – damit ihr Schwarm im Nebenzimmer davon nichts mitbekommt. Oder als Ilana Abbi erst dazu motiviert, ebendiesen Typen zu peggen, also mit einem Dildo zu penetrieren, und dann vor Freude ausrastet, nachdem sich Abbi tatsächlich getraut hat. Ilanas Crush auf ihre beste Freundin ist dabei nicht sehr subtil. Immer wieder initiiert sie angeblich zufällig entstandene homoerotische Szenerien, die auch mal ein bisschen creepy werden können: Einmal schlägt sie vor, bei einem Doppeldate gleichzeitig geleckt zu werden und sich dabei in die Augen zu schauen – welche besten Freund*innen träumen nicht von so einem Bonding-Moment? Intimität ist bei den beiden ohnehin ein fester Bestandteil der Beziehung. Und zwar nicht nur auf der Leinwand: „Broad City“ basiert laut Abbi Jacobson und Ilana Glazer auf der Beziehung, die sie auch im wahren Leben verbindet. Die beiden sind nicht nur Hauptdarstellerinnen, sondern auch Macherinnen von „Broad City“ und vielleicht ist die ­Serie auch deshalb so witzig: Es funkt einfach. Hengameh ­Yaghoobifarah

Enid & Rebecca, „Ghost World“
Es ist dieser eine, endlos lange Sommer nach dem Schulabschluss, erfüllt von Nebenjobs, Rumhängen und Zukunftsangst. Enid und Rebecca aus Daniel Clowes’ Comic „Ghost World“ aus den 1990er-Jahren sind seit Kindestagen befreundet. Nun haben sie die Schule hinter sich gelassen, auf der sie ihren Status als Außenseiterinnen zelebrierten, und die spießigen Mitschüler*innen, die sie von ganzem Herzen verachtet haben, erst recht. Aber was nun, ohne dieses zwar verhasste, aber Orientierung gebende Koordinatensystem?
Es folgen ein paar verwirrende Lovestorys (in der Filmversion von 2001 mit einem merkwürdigen alten Mann, im Comic hauptsächlich mit einem befreundeten Gleichaltrigen) und ein Aufnahmetest fürs College, den Enid vor Rebecca verheimlicht. Und allerlei schmerzliches Loslassen. Während Rebecca allmählich ein „normales“ Leben immer verlockender findet und beginnt, sich langsam von ihrer übermächtigen Freundin Enid und ihren strengen Vorgaben, wie man leben soll, zu lösen, verlässt diese endgültig die Vorstadtgegend, in der die beiden aufgewachsen sind. Am Ende steht die Erkenntnis: Diese erste Trennung von der besten Freundin ist größer und schmerzhafter als das Ende aller Liebesgeschichten. Anna Mayrhauser

©Jennifer Endom

Missy Elliott & Lil‘ Kim
Da Brat, Lil’ Kim, Aaliyah, Eve, Tweet, Ciara – schon immer hat es Missy Elliott, einer der ersten weiblichen Superstars im HipHop, verstanden, ihre Freundinnen mit an Bord zu holen. Und sie hat auch mitgeholfen, deren Karrieren zu pushen. Schade bloß, dass Elliotts starker Verbindung zu diesen HipHop- und R’n’B-Künstlerinnen meist weniger Aufmerksamkeit zuteil wurde als ihrer langjährigen Freundschaft mit ihrem kreativen Weggefährten und Produzentenpartner Timbaland. Unvergessen bleibt jedoch der All-time-favourite-Freundinnen-Song „Best Friends“, den Missy Elliott 1997 zusammen mit Aaliyah für ihr zukunftsweisendes Debütalbum „Supa Dupa Fly“ aufnahm. Im Gedächtnis sind auch ihre Kollabos mit Lil’ Kim, der „Original Queen B.“ (der auch Beyoncé kürzlich mit einem Halloween-Kostüm ihre Ehrerbietung erwies). Auch wenn vom „Original“ ­zugegebenermaßen nicht viel übrig geblieben ist – nach etlichen „Schönheits“-OPs ist Lil’ Kim heute nur schwer wiederzuerkennen –, bleibt die aus Brooklyn stammende Hardcore-Rapperin, die ihre Karriere einst in Notorious B.I.G.s Junior-M.A.F.I.A.-Crew begann, eine der erfolgreichsten Rap-Künstlerinnen aller Zeiten – stets supported von Fan und Freundin Missy. Im Videoclip zu Missy Elliotts „Sock It 2 Me“ (hallo, Fischauge!) flüchten Missy und Lil’ Kim vor gemeingefährlichen Monster-robotern, bis sie schließlich von Da Brat gerettet werden: galaktische Freundinnenschaften, von denen es nie genug geben kann. Vina Yun

Hanni & Nanni
Das erste Buch, das ich selbst gelesen habe, war die 765 Seiten starke Jubiläumsausgabe von Enid Blytons „Hanni und Nanni“: ­Hanni und Nanni Sullivan, ein Zwillingspaar aus der Oberschicht, werden von ihren Eltern im Alter von zwölf Jahren auf das Internat Lindenhof geschickt. Sie sind nicht begeistert, denn in Lindenhof gibt es keine Privilegien: Alle Mädchen schlafen in Mehrbettzimmern, sie dürfen nur wenige private Gegenstände mitnehmen und müssen Schuluniformen tragen. Anfangs werden sie noch die „hochnäsigen Zwillinge“ genannt, doch schnell schließen sie viele Freundinnenschaften und merken, worauf es im Leben wirklich ankommt – nicht auf Kleidung und Besitz, sondern auf Solidarität, Empathie und Individualität. Das Thema Klassismus wird hier verpackt in Geschichten um einzelne Personen, wie etwa die unsympathische Angeberin Suse, von der dann „herauskommt“, dass sie sich schlicht schämt, aus einer Arbeiter*innenfamilie zu stammen. Am Ende steht die Botschaft: Alle Mädchen sind gleichwertig und niemand wird zurückgelassen. Botschaften, die wir auch heute noch dringend brauchen. Das Buch ist tatsächlich eine Art Empowerment-Bibel in einer Grundschulklasse, in der manche Mädchen von anderen gemobbt werden, weil deren Eltern von Sozialhilfe leben. Stefanie Lohaus

Marissa & Summer, „O.C. California“
Als 2003 die Serie „The O.C. California“ erstmals ausgestrahlt wurde, verzauberten die Hauptcharaktere Marissa Cooper, Ryan Atwood, Summer Roberts und Seth Cohen viele Teenager. Doch nicht nur die Liebesbeziehungen zwischen Marissa und Ryan oder Summer und Seth waren von Bedeutung, sondern vor allem auch die Freundinnenschaft zwischen Marissa und Summer. Die zwei sind ein unzertrennliches Team, das gemeinsam durch schwierige Phasen geht und dabei nach und nach erwachsen wird. Egal ob Marissa wegen Ryans Eifersucht verletzt ist oder Summer traurig, weil Seth mal wieder Seth ist – Trost und Zuwendung finden sie bei der besten Freundin. Auch wenn Summer in der ersten Folge aus jugendlicher Naivität Marissa nach einer Party betrunken in der Hofeinfahrt liegen lässt, ist sie später immer für Marissa da und leistet ihr Beistand, als diese von Albträumen über einen Vergewaltigungsversuch von Ryans Bruder geplagt wird. Auch kauft sie Marissa – obwohl sich diese egoistisch verhält – einen Pullover der Universität Berkeley, jener Uni, für die sich Marissa bewirbt, und beweist damit, wie wichtig der Support einer guten Freundin ist. Wie jede Freundinnenschaft ist auch diese nicht perfekt, denn Summer investiert mehr in die Beziehung als Marissa. Während jedoch in vielen Serien, wie bspw. „Gossip Girl“, Freundinnenschaften zwischen Frauen auf Intrigen, Eifersucht, Machtspielen und Rivalität aufbauen, ist das Besondere an Marissa und Summer, dass ihr Verhältnis vor allem von Unterstützung und Ehrlichkeit geprägt ist. Jesse R. Buendia 

Diese Text erschien zuerst in Missy 03/18.