Von Indra Runge

Sie ist jung, klug und schön. Und sie gilt als eine der begehrtesten Frauen ihrer Zeit: Hedwig Kiesler (*1914), die als Hedy Lamarr zum gefeierten Filmstar avanciert. Die österreichische Jüdin heiratet mit 19 einen reichen Wiener Industriellen, doch seine Eifersucht treibt sie 1937 in die Flucht – über London gelangt sie in die USA.

© The Everette Collection

Bereits in Österreich drehte sie Filme, darunter den skandalträchtigen „Ekstase“ unter der Regie von Gustav Machatý, in dem sie nackt zu sehen ist – ein Schatten, der ihr noch lange nachhängen wird. Doch er ebnet ihr auch den Weg nach Hollywood: Metro-Goldwyn-Mayer nimmt sie unter Vertrag, als Hedy Lamarr dreht sie pausenlos. Auch ihr Privatleben ist turbulent: Sie heiratet sechsmal, hat zahlreiche Affären, nimmt Drogen und wird mehrfach verhaftet. Mit zunehmendem Alter lässt sie diverse „Schönheits“-OPs teils fragwürdiger Qualität an sich vornehmen und lebt zurückgezogen. Sie stirbt im Januar 2000.

© The Everette Collection

Und dann gibt es noch die andere Hedy Lamarr: Die ist naturwissenschaftlich interessiert und erfindet daheim, quasi im Stillen, nützliche Dinge. Das fällt ihr leicht. Ihre größte Erfindung ist der selbsttätige Frequenzwechsel bei Torpedos, der es den Alliierten ermöglichen sollte, die Unterwasserwaffen störungssicher zum Ziel zu führen, was der erklärten Gegnerin des Nationalsozialismus ein großes Anliegen war. Dafür meldet sie sogar ein Patent an. Doch ihr wird nicht zugestanden, mehr als der glamouröse Filmstar zu sein.

„Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr“ US 2017. Regie: Alexandra Dean, 90 Min., Kinostart: 16.08.

In der Doku „Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr“ von Alexandra Dean darf Hedy endlich ihre ganze Geschichte „erzählen“ – vier Kassetten mit Sprachaufnahmen zwischen ihr und dem Journalisten Flemming Meeks legen dar, was tatsächlich hinter der schönen Fassade steckte. Meeks wartete 25 Jahre, bis endlich jemand nach dem Material fragte.

Diese Aufnahmen und intime Interviews mit Lamarrs Kindern und Familienmitgliedern sowie engen Freund*innen und prominenten Bewunder*innen lassen der Erfinderin posthum jene Ehre zukommen, die ihr zu Lebzeiten verwehrt blieb. Die Regisseurin hofft, dass Lamarr endlich ihren Platz in der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung findet. Denn wer weiß heute schon, dass der von ihr entwickelte Frequenzwechsel moderne Technologien wie WLAN und Bluetooth überhaupt erst möglich machte? Hedy Lamarr war eine ebenso tragische wie bewundernswerte Heldin, die an den Konventionen ihrer Zeit scheiterte.