Von Magda Albrecht

„FETTE MENSCHEN DIESER WELT, VEREINIGT EUCH. IHR HABT NICHTS ZU VERLIEREN.“ Mit diesem Satz in Großbuchstaben endet das „Fat Liberation Manifest“ der feministischen Gruppe Fat Underground von 1973. Die Aktivistinnen fanden nicht nur zusammen, um sich gegenseitig zu bestärken, sie werteten auch medizinische „Expertisen“ kritisch aus, die hohes Köpergewicht pauschal pathologisierten, befassten sich mit feministischer Therapie oder intervenierten auf Veranstaltungen, bei denen Diätprodukte angepriesen wurden. Das Kollektiv und andere Aktivist*innen gingen über die bloße Forderung von Fat „Acceptance“ hinaus, sie wollten „Fat Liberation“. Frei nach dem Motto: Man kann vielleicht einen Pickel akzeptieren, aber wenn es um Menschenrechte und körperliche Selbstbestimmung geht, ist unter Befreiung nichts zu machen.

Jene Aktivist*innen, die Körpergewicht vor knapp fünf Jahrzehnten erstmals (dokumentiert) politisierten und für bedingungslose körperliche Selbstbestimmung kämpften, haben ihre Ziele leider nicht erreicht. Dicke Menschen werden heute weiterhin, manchmal sogar drastischer, stigmatisiert, allerdings nicht mehr nur von den Medien und

der Medizin, sondern auch von Menschen, die sich für „body positive“ halten.

Der Begriff Body Positivity geistert seit Mitte der 1990er-Jahre herum und erhielt durch die sozialen Netzwerke wie Instagram enormen Aufschwung. Die Medien nehmen den Begriff vergleichsweise dankbar auf – besonders dann, wenn es sich bei den Akteurinnen um weiße, „kurvige“ und heterosexualisiert dargestellte Frauen handelt. Die Tochter – oder eher Enkelin – der Fat-Acceptance-Bewegung ist also flügge geworden und zeigt sich selbstbewusst im knallengen Abendkleid oder im Fatkini. Und die Bewegung trägt Früchte: Jede Frauenzeitschrift, die etwas auf sich hält, hat in den letzten paar Jahren mindestens einen launigen Kommentar zur Schlankheitsfixierung oder gar eine ganze Fotostrecke mit Plus-Size-Models veröffentlicht. Immer mehr Firmen bieten Mode mit einem erweiterten Größenspektrum an und über Körperabwertung wird längst nicht mehr nur in feministische…