Work, Work, Work: Die Mathematikerin
Von
Interview: Lisa Tracy Michalik
Wie kam es dazu, dass du Mathematikerin geworden bist?
Ich mochte Mathe schon immer. Nach dem Abi wollte ich eigentlich Kunst studieren, habe mich dann aber doch für Mathe entschieden. Das Studium war total abgefahren. Nach dem Diplom wurde mir angeboten zu promovieren, ich wollte aber erst mal in die Wirtschaft. Ich habe dann fünf Jahre in einem wissenschaftlichen Verlag in der Akquise gearbeitet. Aber irgendwann hab ich gemerkt, dass ich lieber wieder selbst mehr Mathe machen will. Deshalb habe ich meinen Doktor gemacht und bin jetzt Postdoc an der Uni Konstanz.
Gab es dabei besondere Hürden?
Die größte Hürde war in meinem Kopf. Bei der Wahl der Leistungskurse in der Schule meinte meine Lehrerin, dass der Mathe-LK nichts für mich sei, obwohl ich immer gute Noten hatte. Am Anfang des Studiums fehlten mir deshalb Grundlagen. Ich hatte immer den Gedanken, nicht gut genug oder zu doof zu sein, obwohl alles gut lief.
Erlebst du das auch heute noch so?
Vor Studienbeginn habe ich mir darüber viele Gedanken gemacht. Ich persönlich aber habe es noch nie so empfunden, dass ich in der Arbeit aufgrund meines Geschlechts diskriminiert wurde. Ich hatte nie mit Männern zu tun, die davon ausgingen, dass ich schlechter in Mathe bin, weil ich eine Frau bin. Ich musste mir auch noch nie Sprüche über meine femininen Outfits anhören.
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Ich habe mein eigenes Büro mit Sofa, ziemlich genial. Als Postdoc bin ich besonders in der Lehre tätig, ich gebe Tutorien für Masterstudierende und ein Seminar. Die Gruppen sind sehr klein, nur drei, vier Studierende. Der Kontakt ist sehr persönlich. Ich arbeite sehr viel, häufig auch an Wochenenden oder bis zehn Uhr abends. Ich muss viel für die Tutorien vor- und nachbereiten und möchte mir Zeit nehmen, auch selbst zu forschen und zu rechnen.
Dieser Text erschien zuerst in Missy 04/18.