Von Lisa Tracy Michalik

Eigentlich wollte Jules nie Kinder. Doch wenn sie ihre Partnerin Rosie im Sommerurlaub mit den Kindern anderer Paare spielen sieht, geht ihr das Herz auf. Vielleicht wäre ja so ein kleiner Racker doch etwas Schönes? Wenn sich lesbische Paare ein Kind wünschen, haben sie zwei Optionen: Samenspende oder Adoption. Jules kann sich weder das eine noch das andere vorstellen. Sie möchte Rosie und sich selbst in dem Kind erkennen können.

© Steve Cannings

In ihrem Debütroman „XX: Was wäre wenn“ hat die britische Autorin Angela Chadwick eine bahnbrechende neue Möglichkeit erdacht: Durch die Befruchtung einer Eizelle mit der DNA einer anderen Eizelle können zwei Frauen miteinander ein leibliches Kind bekommen. Rosie ist die erste Frau, die von ihrer Partnerin schwanger wird. Damit stößt das Paar unfreiwillig eine weltweite politische Debatte an. Konservative Politiker*innen und rechte Hetzer*innen beschwören den Untergang der Menschheit und das drohende Matriarchat – denn durch die neue Technik können nur weibliche Babys gezeugt werden. Die ungewollte mediale Aufmerksamkeit und die Sorge um das ungeborene Kind zehren an der sonst so perfekten Beziehung von Jules und Rosie.

Angela Chadwick „XX: Was wäre wenn“
Aus dem Englischen von Andrea Fischer. Politycki & Partner, 366 S., 20 Euro

Ihr gemeinsames Leben hört auf, in der ihnen bekannten Weise zu existieren, und sie werden gezwungen, neu zu verhandeln, wer ihre Freund*innen sind. Ebenso müssen sich die Leser*innen mit ihren eigenen Vorstellungen und Vorurteilen darüber auseinandersetzen, was „Familie“ eigentlich ausmacht. Das ist nicht nur spannend und hochaktuell, sondern angesichts der aktuellen Entwicklung der Reproduktionsmedizin auch gar nicht mehr so weit von der Realität entfernt: Schon in den 2000ern wurden aus zwei weiblichen Eizellen gezüchtete Mäuse der Öffentlichkeit präsentiert, und 2016 ging die Nachricht eines neugeborenen Babys mit drei biologischen Eltern – zwei Müttern und einem Vater – um die Welt.