Von Bini Adamczak 

Bis Ende dieses Jahres muss der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschieden, das die staatlichen Geschlechtseinträge neu regelt. Bereits am 11. Oktober fand die erste Lesung statt. Die gute Nachricht: Mit dem neuen Gesetz gesteht sogar der deutsche Staat ein, dass die Idee der Zweigeschlechtlichkeit ein juristisches Phantasma war. Es gebe, heißt es nun von oberster offizieller Seite, mehr als zwei Geschlechter – mindestens drei. Die schlechte: Darüber hinaus ändert sich mit dem Gesetzesentwurf, der aus Seehofers Innen-und Heimatministerium kommt, nichts. Statt um geschlechtliche Selbstbestimmung geht es um staatliche Kontrolle. 

Der Gleichbehandlungsgrundsatz erlaubt eigentlich nur eine Alternative: Zwangsuntersuchung für alle abschaffen! © Sheree Domingo

Wer Zugang zu den drei Geschlechtskategorien hat, entscheiden nämlich nicht die Menschen selbst, sondern der juristische und medizinisch-psychiatrische Apparat der Bundesrepublik. Nur jenen Menschen, bei denen sich die medizinische Zunft unfähig erklärt, sie in die erste (männliche) oder zweite (weibliche) Kategorie zu zwängen, soll die dritte Kategorie (divers) offenstehen. Da der Gesetzesentwurf aktuell nicht einmal ein Verbot von Operationen an Kindern vorsieht, wird auch diese gewaltsame Form der geschlechtlichen Zuweisung fortgesetzt werden. Das bedeutet, dass eine juristische Fiktion durch eine andere ersetzt wird. Auf dem Papier gibt es jetzt zwar mindestens drei Geschlechter, aber mit den gelebten Geschlechtern vieler Menschen haben diese weiterhin nicht viel zu tun. 2013 hatte das Bundesverfassungsgericht auf eine Klage reagiert und bestimmt, dass bei Kindern, denen Mediziner*innen auf Grundlage ihrer beschränkten binären Konzepte kein Geschlecht zuweisen können, der staatliche Geschlechtseintrag bis zum 18. Leben…