Von Anna Opel

Während manche den weißen Mann bereits mit einem Bein im Grab sehen, prägt die patriarchale Perspektive weiterhin Tag für Tag einen Großteil der Theater- und Filmarbeit. Männer entscheiden, was ein Thema ist, über das es sich zu reden lohnt. Sie entscheiden, von wem was wie gespielt wird. Regisseurinnen, Autorinnen und Schauspielerinnen gelten, sobald sie bestimmte Ansprüche stellen, als „schwierig“ und kommen deutlich seltener zum Zug. Trotzdem: Durch #MeToo ist erstmals eine Stimmung entstanden, in der Theater- und Filmproduktionsfirmen unter Zugzwang geraten. Die Performance in Sachen Geschlechtergerechtigkeit steht neuerdings auf dem Prüfstand.

Das Berliner Ensemble will nach der Ära Peymann einiges besser machen. Zum Auftakt dieser Spielzeit hat es sich hinter der Bühne Antisexismus-Workshops und auf der Bühne

feministische Interventionen verordnet. Als Herzstück des „Fokus: Gender“ inszeniert die junge österreichisch-bulgarische Regisseurin Christina Tscharyiski gleich zwei wütende Texte an einem Abend im Kleinen Haus. „Revolt. She said. Revolt again“ stammt von der Britin Alice Birch, der neuen angry young woman der Londoner Theaterszene. Gerade hat sie in London mit der düsteren Stimmensinfonie „Anatomy Of A Suicide“ Furore gemacht. Birch wird in einem Atemzug mit John Osborne und Sarah Kane genannt, eine, die kraftvoll draufhaut, die schockieren kann. Den anderen Text „Mar-a-Lago. Oder. Neuschwanstein“ hat die österreichische Schriftstellerin Marlene Streeruwitz als Auftrags­arbeit fürs Berliner Ensemble geschrieben.

©Julian Röder