Von Alma Laurer und Hengameh Yaghoobifarah

Onur, du bist Nebenkläger bei einem der schrecklichsten Fälle rechter Gewalt in der jüngeren deutschen Geschichte, dem des NSU. Viele weiße Deutsche erklären sich den NSU damit, dass er ein Einzelfall sei, als eine Serie von extremer Gewalt, die so nicht mehr auftreten wird. Denkst du, dass eine Struktur wie der NSU heute in Deutschland noch Platz findet?


Onur Özata: Erst vor einigen Tagen gab es in den Nachrichten eine Meldung über die rechtsextreme Chatgruppe „Revolution Chemnitz“, in der sich Rechtsextreme treffen, um Mordanschläge zu planen. Das beantwortet eigentlich schon deine Frage. Es ist nicht nur dieser Fall, sondern z. B. auch die Oldschool Society, ein Zusammenschluss von mehreren Leuten, die sich über Soziale Netzwerke für Gewalttaten verabredet haben. Oder die Gruppe Freital, die auch verurteilt wurden. Der NSU ist nach offizieller Lesart beschränkt auf Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Beate Zschäpe und wenige angeklagte Unterstützer, aber die inoffizielle Lesart ist, dass es noch weitere Unterstützer*innen in Deutschland geben muss. Das heißt: Es stellt sich die Frage, ob der NSU überhaupt erledigt ist mit der Selbstenttarnung und dem Selbstmord einiger Akteure. Das Verharmlosen und Verkennen von rechtsextremistischen Strukturen und rassistischen Gewalttaten begünstigt diese. Ich vertrete…