Von Tupoka Ogette

Liebe Schwestern* in Deutschland und weltweit, wir waren da, wir sind da und wir werden da sein.

Viel zu lange habe ich dem weißen männlichen Mythos geglaubt, dass Geschichtsschreibung maßgeblich durch weiße heteronormative cis Männer geschrieben und geprägt wurde. Es ist nicht verwunderlich, denn das Bildungssystem, das ich fast zwanzig Jahre durchlaufen habe, hat mir – und allen anderen – diese weiße männliche Perspektive als „default“, als maßgebenden, objektiven Standard präsentiert.

© Mary Church Terrell, Aminata Touré, Josephine Baker © Gemeinfrei/Wikimedia Commons; Aminata Touré; CC BY-SA 4.0/Gemeinfrei

Perspektiven von Frauen allgemein kamen viel zu kurz. Perspektiven von Schwarzen Frauen schienen nicht existent. Und dennoch oder vielleicht genau deshalb habe ich diese vermeintliche Norm lange als meinen persönlichen Maßstab verinnerlicht. Habe mich daran gemessen, obwohl ich dadurch von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, sein musste. Ich fühlte mich lange nicht gut genug, nicht analytisch genug, nicht wissenschaftlich genug, nicht … genug.

Aber: Die weiße männliche Perspektive ist weder (mein) Standard, noch ist sie objektiv. Sie ist eine Perspektive von vielen.
Ich habe lange gebraucht, bis ich zu mir gefunden habe. Und ich finde mich noch. Das Erkennen, dass Schwarze Frauen*, also meine Schwestern, schon von Anfang an Schwarze Geschichte und somit die Geschichte der Menschheit mit geprägt haben und dies sogar maßgeblich, war unglaublich befreiend und heilend.

Schwarze Frauen* haben dies immer auch aus einer widerständigen Position heraus getan, trotz einer dominanten weißen männlichen Perspektive und nicht aufgrund derselben. Heute weiß ich: Schwarze Frauen* haben schon immer: kreiert, gekämpft, entdeckt, inspiriert, erschaffen, erforscht, geschrieben, geglaubt, geliebt und gehofft trotz und wider unglaublicher Barrieren, Grausamkeiten und Erniedrigungen, die ihnen rassistische und patriarchale Machtstrukturen (gegebenenfalls auch noch heteronormative, ableistische, homo- oder transfeindliche und weitere Machtstrukturen) in den Weg geworfen haben. Einige dieser spannenden Biografien kennenzulernen, hat mich sehr berührt.

Tupoka Ogette ist Expertin, Aktivistin und Autorin zu den Themen Rassismus, Alltagsrassismus und Empowerment ©privat

Der diesjährige Black History Month war daher für mich ein Black HERstory Month, den ich mit meiner Serie „Schwarze Frauen weltweit“ gefeiert habe. 28 Tage und 28 Schwarze Frauen. Die Herausforderung dabei war nicht, täglich überhaupt eine Frau zu finden, die es verdient hätte, geehrt zu werden, sondern sich für jeweils eine der vielen zu entscheiden. Ein einziger Monat ist einfach viel zu wenig und vollkommen unzureichend.

Die Posts sind natürlich auch für weiße Menschen gedacht, denn das Kennenlernen dieser wunderbaren Frauen ist für sie ebenso ein Schatz. Außerdem ist das Wissen um Schwarze Perspektiven für eine rassismuskritische verbündete Perspektive essenziell.

Vor allem sind meine HERstories jedoch meinen vielen wunderbaren jungen Schwestern* gewidmet, die sich heute und in diesem Moment in einer rassistischen und sexistischen Welt tapfer, mutig und unerlässlich ihren Weg zu sich erkämpfen. Black HERstory Month bedeutet für mich auch: Ich sehe euch. Und: Gemeinsam leben, lieben, glauben, kämpfen und kreieren wir täglich weiter. We matter.