Interview: Ulla Heinrich

 

Dein neues Buch heißt „Die schönen Kriegerinnen“. Wer sind diese Kriegerinnen?
Die sieben ausgewählten Positionen sind sehr subjektiv und spiegeln den Weg wider, den ich in den letzten drei Jahren gegangen bin, nachdem ich die Arbeit in diesem Feld wieder aufgenommen habe. Als der Cyberfeminismus nach 2001 abgeflaut war, hatte ich mich von der Thematik abgewendet und war in anderen Bereichen wie dem Urheber*innenrecht unterwegs. Meine erste Tätigkeit der Wiederaufnahme war es, eine formale Selbstreflexion des 1997 von mir mitgegründeten „old boys network“ anzulegen, unsere Entwicklung nachzuvollziehen und Regeln der Entscheidungsfindung in einem Diagramm zu dokumentieren, um unsere Konstruktion besser zu verstehen. Danach wurde ich in verschiedene Länder eingeladen und habe die Autor*innen des Buchs und ihre Aktivitäten kennengelernt. Yvonne Volkart, die den Beitrag zu Techno-Ökofeminismus geschrieben hat, ist jedoch eine altgediente Cyberfeministin, mit der ich schon im „old boys network“ aktiv war.

©Cécile B. Evans, HYPERLINKS or It Didn’t Happen, 2014, Video still. Sammlung Migros Museum für Gegenwartskunst

Du warst Teil der cyberfeministischen Bewegung. Mit Kunst, Aktivismus und Praxis habt ihr das unentspannte Verhältnis von Technik und Gender thematisiert. In welcher Wechselbeziehung stehen Techno- und Cyberfeminismus heute?
Technofeminimus ist ein Begriff der Soziologin Judy Wajcman. Ich verwende ihn als Oberbegriff. Der Cyberfeminismus ist eine historische Periode, die ihren Beginn 1991 mit dem Kollektiv VNS Matrix und Sadie

Plant nahm und 2001 mit der letzten Konferenz des „old boys network“ endete. Im technofeministischen Begriff von Wajcman ist alles drin. Das war beim Cyberfeminismus nicht der Fall, wo der Cyberbegriff natürlich sehr stark wirkte. Mit diesem hat man in den 1990er-Jahren die Vorstellung von freiheitlichen Identitäten im Netz verbunden, die Körperlosigkeit, die neue Möglichkeiten eröffnete. Und die Fantasie, dass wir die Chance haben, mit Gender neu umzugehen, wenn wir vom Körper loskommen, der diese eindeutigen geschlechtlichen Zuschreibungen erfährt. Dann haben wir bemerkt, dass wir nicht die geistigen Kapazitäten haben, uns einfach so aus diesem System rauszudenken. Das Verhältnis von Technologie und Geschlecht ist viel tiefgreifender. Nach Wajcman ist Technologie Quelle und Folge von Geschlechterverhältnissen und ist weder unterdrückend noch automatisch befreiend. Und das war genau das Problem mit dem Cyberfeminismus: der weitverbreitete Technodeterminismus, demzufolge alles besser wird, nur weil wir jetzt digita…