Von Hengameh Yaghoobifarah

Die womöglich beste Popplatte des Jahres ist bereits erschienen: Denn im Februar hat Tami T ihr langersehntes Debütalbum „High Pitched And Moist“ veröffentlicht. Darauf treffen synthiegeladene EDM-Beats auf ihre hochgepitchte Stimme und auf explizite Texte, mittels derer die in Berlin lebende Schwedin mal verträumt-melancholische Songs kreiert, mal queere Clubhymnen, die die Soundtracks diverser Filme („Something Must Break“) und Serien („Skam“) prägen. Ästhetisch wie thematisch transportiert sie einen Coming-of-Age-Vibe, der trotz seiner Jugendlichkeit unabhängig vom Alter relatable bleibt. Der Song „Disgusted“ etwa handelt davon, aufgrund niedrigen Selbstwertgefühls auf selbstzerstörerische Dates mit Menschen zu gehen, vor denen man sich eigentlich ekelt. In „Fourteen“ geht es um Unsicherheiten und Einsamkeit, die eine*n beim Heranwachsen begleiten – irgendwie süß und doch so traurig. Dass Sex nicht nur ein Ventil für Selbsthass, sondern auch transformativ und heilsam sein kann, zeigt wiederum ihr Track „Faceriding“. Hier wiegen die Bässe schwerer, die Beats sind schneller und die Lyrics eindeutig: Mit Zeilen wie „I’m happy suffocating when you’re riding my face“ oder „Tomorrow I’ll be dominant / But tonight I want to be your tied up bitch“ verzichtet Tami T bewusst darauf, auf die in heteronormativem Pop so üblichen vagen Umschreibungen für Sex zurückzugreifen, und formuliert ihre Texte stattdessen sehr konkret.

©Tami T

Diese Ehrlichkeit – egal ob auf Facefucking oder Aversion gegen eine Person bezogen – macht die Songs nahbar und persönlich. Tami T schafft etwas, woran die meisten Popkünstler*innen scheitern: Sexualität so zu verhandeln, dass es für Hörer*innen heiß ist und nicht peinlich. Aus Tami Ts Position ist es umso seltener: Nicht nur der männliche Blick bleibt aus, sondern auch die Cisnormativität. Transfemininität zelebriert sie etwa in „Trans Femme Bonding“, um Aspekte wie Übergriffigkeit und Othering geht es in „It’s Not Your Right To Know“.

Wer sie noch nicht, etwa auf der Tour von Fever Ray, auf der Bühne erlebt hat, wird sicher im Zuge des neuen Albums in den Genuss kommen. Ihre Songs funktionieren nicht nur perfekt auf der Tanzfläche. Es macht auch großen Spaß, ihr live zuzusehen, wenn sie auf ihrem selbst erfundenen Percussion-Instrument, dem sogenannten „Music Strapon“, spielt. H

Tami T „High Pitched And Moist“
Trannytone Records

Dieser Text erschien zuerst in Missy 02/19.