Binegativität macht krank
Von
Interview: Bettina Enzenhofer
Illustration: Katja Grosskinsky
LGBTIQ-Personen sind in puncto Gesundheit auf vielen Ebenen mit Ungleichheiten konfrontiert. Sie erleben Barrieren beim Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, z. B. durch Diskriminierung seitens des Gesundheitspersonals, das wenig über die spezifischen Bedürfnisse von LGBTIQs weiß. Du hast dich in einer Studie mit Binegativität beschäftigt, also Diskriminierung, der bisexuelle Frauen ausgesetzt sind.
Lange Zeit wurde angenommen, dass lesbische Frauen gesundheitlich schlechter gestellt wären als heterosexuelle und dass bisexuelle Frauen sich irgendwo dazwischen befinden. Erst als man sich die Gruppen einzeln angesehen hat, wurde klar, dass bisexuelle Frauen in einigen Bereichen am schlechtesten dastehen – z. B. haben laut einer aktuellen US-Studie 46 Prozent der bisexuellen Frauen mittelschwere bis schwere psychische Belastungen. Bisexuelle Frauen sind vor allem mit binegativen Zuschreibungen der Untreue, Unzuverlässigkeit und Hypersexualisierung konfrontiert. Außerdem wird Bisexualität von vielen nicht als sexuelle Orientierung ernst genommen, à la: „Das ist nur eine Phase, irgendwann musst du dich entscheiden.“ Bisexuelle gelten innerhalb der LGBTIQ-Communitys als privilegiert, weil sie vermeintlich auch als heterosexuell durchgehen können. Bisexualität ist durch unsere monosexuelle Norm – man hat entweder heterosexuell oder homosexuell zu sein – vie- len schwer verständlich. Da viele Wissenschaftler*…