Von Beate Scheder

Traute im Tenniskleid, Traute im grünen Pullover, Traute nackt von hinten, bei der Morgentoilette, vor dem Spiegel. Traute, immer wieder Traute. Keine andere Person hat Lotte Laserstein so oft gemalt wie ihre Muse Traute Rose, als Person wie als Prototyp. „Im Atelier schuf sie gemeinsam mit ihrem Lieblingsmodell Traute Rose Rollenporträts, inszenierte gewissermaßen Tableaux vivants der Neuen Frau“, so schreibt Annelie Lütgens, Leiterin der Grafischen Sammlung der Berlinischen Galerie, in ihrem Katalogbeitrag zur Retrospektive Lotte Lasersteins, die ab April in Berlin zu sehen ist.

Überhaupt sind es vor allem ihre Frauenporträts, die Lasersteins Malerei so einzigartig machen. Die Art und Weise, wie sie Frauen fern von Geschlechterstereotypen abbildete, sich selbst eingeschlossen. Lotte Laserstein, geboren 1898, gestorben 1993, war eine der ersten Frauen, die an der Kunstakademie studierten. Ihr Selbstverständnis und Selbstbewusstsein als Künstlerin spiegeln sich in zahlreichen Selbstbildnissen als Malerin oder in Doppelporträts mit ihrer Muse wider. Malerisch war Laserstein für ihre Zeit eher konservativ, ihre Bilder waren nie so sozial anklagend, karikierend oder politisch wie diejenigen der Neuen Sachlichkeit. Auf die Situation der späten Weimarer Republik weist sie nur äußerst subtil hin, z. B. in „Abend über Potsdam“. Das Gemälde aus dem Jahr 1930 gilt als Lasersteins Hauptwerk. Es zeigt fünf junge Menschen am Tisch bei Brot und Äpfeln – eine Art letztes Abendmahl mit einer Frau in Gelb anstelle Jesu. Alle wirken in sich versunken, schwermütig, scheinen die anderen kaum wahr…