Ro-Marie Ott: In unserem Praxiskollektiv gibt es keine Hierarchien. Alle verdienen zwölf Euro die Stunde, egal ob Ärztin, Arzthelfer oder Putzkraft. Jeden Tag kocht eine*r von uns und wir essen zusammen – in einer Stunde bezahlter Arbeitszeit. Einmal im Jahr fahren wir für ein Wochenende gemeinsam weg. Alle haben dreißig Tage Urlaub und Anspruch auf eine bezahlte Fortbildung im Jahr. Ich bin jetzt 79 und arbeite seit dreißig Jahren hier. Das Praxiskollektiv funktioniert, weil wir einander vertrauen. So erstellen wir unsere Dienstpläne komplett selbstständig und entscheiden alles im Plenum. Für mich gibt es nichts anderes, ich würde nirgendwo anders arbeiten.

Renia Vagkopoulou: Ich fände es auch schwierig, in einer Praxis mit „normalen“ Hierarchien angestellt zu sein. Aus Krankenhäusern kenne ich es, dass die Beziehung zwischen ärztlichem und nicht- ärztlichem Personal ganz anders abläuft. Auch unsere Beziehung zu den Patient*innen ist deutlich anders. Normalerweise dauern die Gespräche mit ihnen maximal zehn Minuten, bei uns mindestens 15. Wir teilen auch den Bildschirm mit ihnen, sodass sie sehen, was wir machen. Wir duzen uns alle, auch die Patient*innen, es sei denn, sie möchten das nicht.

©Stefhany Y. Lozano

RMO: Da alle ihre Stundenpensen s…