Interview: Thao Nguyen

Wovon handelt eure Performance „Poseur“?
Lena Chen: Die Performance basiert auf meiner eigenen Biografie. Revenge Porn und Cyberstalking traumatisierten mich während der kompletten ersten Hälfte meiner Zwanzigerjahre. Die zweite Hälfte verbrachte ich damit, dieser Vergangenheit zu entkommen, indem ich unter einer neuen Identität lebte. In „Poseur“ geht es darum, wie ich als das Aktmodell Elle Peril versuche, mich von einer schmerzhaften Geschichte zu befreien, und darum, wie ich mich selbst darin verlor. Es geht um Heilung und Überleben, aber auch um den universellen Wunsch nach Neuerfindung.

Frederika Tsai: „Poseur“ ist eine Suche nach den eigenen Identitäten, aber auch ein Denkanstoß an uns und an die Zuschauer*innen: Sind wir nicht Teil des Systems, das Frauen* unrecht tut? Leiden wir nicht auch darunter, dass wir uns in diesem System verloren haben? Und wer bin ich eigentlich?

©Edward Isais

„Do you like to watch or be watched?“ heißt es in eurer Ankündigung der Performance. Welche Problematik greift ihr hier auf?
Frederika: Den Voyeurismus. Der Voyeur hat die Macht über die Betrachteten. Aber ist dieses Machtverhältnis wirklich so einfach gestrickt? Und ist der voyeuristische Blick „einspurig“? Strebt der Voyeur nicht auch danach, gesehen zu werden? Was ist das für ein Gefühl? Oder welche Gefühle werden…